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Postler kämpfen für ihr Brief-Monopol

■ Mehrere hundert PostlerInnen protestierten gestern auf der Bürgerweide gegen neues Postgesetz / Laut Postgewerkschaft sind 4.000 Arbeitsplätze in Bremen in Gefahr

Der Feind saß im fernen Bonn, aber für ihn hatten die Bremer PostlerInnen extra eine gelbe Protestwand aus Paketen aufgebaut. „Wenn die in Bonn ihre Gesetze so gut zusammenbasteln, wären wir schon ein ganzes Stückchen weiter“, brüllte Harald Schütz, Bezirksvorsitzender der Postgewerkschaft Bremen/Weser-Ems, ins Mikrofon: Mehrere hundert Beschäftigte der Deutschen Post AG protestierten gestern auf der Bürgerweide gegen ein neues Postgesetz und damit gegen einen gefürchteten Arbeitsplatzabbau.

Bis zu 4.000 Arbeitsplätze sind laut Postgewerkschaft allein in Bremen in Gefahr. Grund genug, gestern fast 4.500 Postbeschäftigte aus ganz Bremen und der Region Weser-Ems auf Betriebsversammlungen zu informieren und auf einer anschließenden Protestkundgebung gegen die geplante Liberalisierung mobil zu machen. Denn die wird heute in Bonn im Post-Bundestagsausschuß beraten. Bundesweit gingen deshalb mehrere tausend PostlerInnen zum Protest auf die Straße.

Laut Gesetzentwurf soll die Post nur noch das Monopol für Briefe bis 100 Gramm behalten, aber nicht mehr für Infopost wie Werbebriefe-, Broschüren oder Kataloge. Neue Zustelldienste würden sich diese Bereiche dann unter den Nagel reißen, fürchtet Postgewerkschaftler Schütz. Mit einer Resolution aus Bremen an alle Bundestagsfraktionen solle nun „das Schlimmste verhindert werden“, sagt Schütz.

Die Gewerkschafts-Forderung: Die Post solle eine Exklusivlizenz für alle Briefe bis 350 Gramm erhalten – und eine Exklusivrecht für jedwede Infopost bis zu zwei Kilogramm. „Mit dem Wachstumsmarkt der ganzen Direktmailings von Firmen machen wir doch das meiste Geld. Das sollen sich doch nicht irgendwelche Billiganbieter abgreifen“, schimpfte gestern ein Betriebsratsmitglied.

Markige Worte vom Gastredner Konrad Kunick (SPD-Bundestagsabgeordneter) kamen bei soviel Wut im Bauch deshalb gut an: „Unsere Regierung will die Post zu Turnschuhbrigaden machen“, heizte er den PostlerInnen vorwahlkampf-like ein. „Wettbewerbshaien“werde die Post zum „Fraß vorgeworfen“. Und überhaupt: „Die wollen hier mit Enteignungsgesetzen eine Tagelöhner-Republik errichten“. Seine Fraktion werde sich im Bundesrat gegen das Gesetz stark machen, sprachs und trat ab – tosenden Applaus im Nacken.

Selbst ihre Abteilungsleiter hatten die PostlerInnen auf der Betriebsversammlung ausgepfiffen, als ein Abteilungsleiter sagte: „Wir müssen uns dem Wettbewerb doch stellen. Und das gemeinsam.“Doch die PostlerInnen reagierten gestern nur ihre Wut ab: „Da kommt mir das Blut“, rief eine Frau und „die Post reagiert schäbig“, schimpfte ein anderer. Fairen Wettbewerb wollen die PostlerInnen schon haben aber dazu auch einen sicheren Arbeitsplatz: „Bei den neuen Kurierdiensten gibt es nur Jobs für 610 Mark“, befürchtet eine Postlerin. kat

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