: Weltbank und China reden gegen die Armut
■ Tagung von IWF und Weltbank beginnt. IWF-Chef warnt vor Dominoeffekt
Berlin (taz) – Mit harschen Mahnungen haben Chinas Ministerpräsident Li Peng und Weltbank-Chef James Wolfensohn gestern in Hongkong den formellen Teil der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank eröffnet. Wolfensohn verlangte deutlichere Akzente der internationalen Gemeinschaft bei der Bekämpfung der Armut. „Wir leben hier mit einer Zeitbombe, und wenn wir nichts tun, wird sie unseren Kindern um die Ohren fliegen“, sagte Wolfensohn. Drei Milliarden Menschen müßten mit weniger als zwei Dollar am Tag auskommen. 1,3 Milliarden Menschen verfügten trotz einer boomenden Weltwirtschaft über weniger als einen Dollar täglich. 100 Millionen Menschen gingen hungrig schlafen, und 150 Millionen Kinder könnten nie zur Schule gehen.
Chinas Ministerpräsident Li Peng präsentierte sich in Hongkong als Vertreter der Interessen der Entwicklungsländer. „Wenn die internationale Gemeinschaft die Weltwirtschaft ruhig und gleichmäßig entwickeln will, darf sie die vernünftigen Forderungen der Entwicklungsländer nicht ignorieren.“ Jedes Land müsse einen eigenen Entwicklungsweg suchen dürfen – ohne Diskriminierung und wirtschaftliche Drohungen. Die chinesischen Behörden hatten dafür gesorgt, daß die Menschenrechtsgruppe Human Rights China nicht als Beobachter zur Jahrestagung zugelassen wurde.
Doch die hehren Worte Wolfensohns und Li Pengs garantieren keineswegs, daß auf der Jahrestagung an der Beseitigung von Armut gearbeitet wird. So stieß zum Beispiel der Vorschlag der britischen Regierung, die Entschuldung der ärmsten Staaten zu beschleunigen, auf deutlichen Widerstand. Der britische Schatzkanzler Gordon Brown hatte vorgeschlagen, daß bis zum Jahr 2000 zumindest 75 Prozent der ärmsten Länder in den Genuß einer solchen Entschuldung kommen sollten. Dafür könne man auch einen Teil der Goldreserven des IWF auflösen. Vor allem die Bundesregierung blockiert die britische Initiative mit dem Hinweis, in Hongkong stehe eine Abstimmung darüber gar nicht auf der Tagesordnung.
IWF-Generalsekretär Michel Camdessus betonte seiner Rolle entsprechend die Notwendigkeit zur Stabilisierung der Finanzmärkte. Die asiatischen Staaten sollten „einen Teamgeist entwickeln“ und „mit sozialer Kontrolle“ die weitergehende Verschuldung einzelner Regierungen verhindern. Und dann mit deutlichem Verweis auf das krisengeschüttelte Thailand: „Kein Staat sollte sich damit abfinden, als derjenige in die Geschichte einzugehen, der hier einen Dominoeffekt ausgelöst hat.“ Hermann-Josef Tenhagen
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