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Vetternwirtschaft in Marokko

Deutscher Unternehmer für Bewässerungssysteme wurde zum Opfer von Mauscheleien. Jetzt muß er sogar Fördermittel zurückzahlen  ■ Von Reiner Wandler

Die Marocaine du Goutte à Goutte – die Marokkanische Tröpfchenbewässerung – galt immer als erfolgreiches Beispiel, wenn es um den Einsatz der Gelder ging, die die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vergibt. Drei Millionen Mark, die Hälfte des Betriebskapitals, hat der in Rabat ansässige Deutsche syrischer Abstammung, Husni Zeino Mahmalat, aus den Töpfen der Frankfurter Anstalt bekommen. 1989 begann er mit der Produktion von PVC-Rohren, Verbindungsstücken und Düsen für die Bewässerung von Marokkos Landwirtschaft.

Das Geschäft lief gut, bis der Betrieb 1993 immer mehr Opfer der marokkanischen Vetternwirtschaft wurde. Eine Million Mark Verluste und die Entlassung von 50 der insgesamt 65 Beschäftigten, lautet die Negativbilanz, die Zeino heute zieht.

Die MGG hatte die ganzen Jahre über das PVC-Rohmaterial zum Weltmarktpreis beim staatlichen Monopolhersteller SNEP gekauft. 1993 wurde der Betrieb privatisiert. Beim Käufer, Miloud Chaabi, handelt es sich um einen der reichsten Männer des Landes und Besitzer einer ganzer Reihe von Unternehmen unterschiedlichster Branchen.

Die undurchsichtigen Operationen, mit denen weder Zeino noch die KfW rechneten, als sie das Projekt MGG in Angriff nahmen, begannen: Der SNEP wurde eine fünfjährige Übergangsphase gewährt. Ausländisches Material wurde von staatlicher Seite mit Schutzzöllen und Steuern von insgesamt 74 Prozent belegt. Chaabi konnte seine Verkaufspreise sofort auf das Doppelte des Weltmarktniveaus anheben. Da in Marokko alle landwirtschaftlichen Geräte steuer- und zollfrei eingeführt werden dürfen, war die MGG fortan nicht mehr konkurrenzfähig. Das war der Anfang vom Ende.

In Rabat fragen sich viele, obZeino – und damit die Gelder der KfW – Opfer eines politischen Kuhhandels geworden ist. Chaabi gehört zum Lager der konservativ- nationalistischen Oppositionspartei Istiqlal. War die SNEP-Privatisierung einschließlich der Schutzzölle womöglich der Preis, um die Opposition ruhigzustellen? Und gleichzeitig brachten andere Unternehmer aus dem Umfeld von Verwaltung und herrschendem Parteienbündnis Wifak ungestört ihre Schäfchen ins trockene.

Es gibt genug Ungereimtheiten beim SNEP-Verkauf. Chaabi bewarb sich erst in allerletzter Minute um die Chemiefabrik. Er hatte nicht einmal die Unterlagen eingesehen oder den Betrieb besichtigt. Der Mitbewerber, ein libysch-italienisches Konsortium, war bereit, die SNEP zum gleichen Preis und ohne besondere Schutzvereinbarungen zu kaufen. Doch Chaabi bekam den Zuschlag. „Er ist jetzt auf dem besten Weg, ein Monopol in der gesamten PVC- verarbeitenden Branche aufzubauen“, sagt Zeino. So bietet Dimatit SA in Casablanca, eine der unzähligen Firmen Chaabis, PVC- Rohre weit unter dem Preis an, der für MGG die Selbstkosten ist. Einen weiteren Rohrhersteller, der früher mehrheitlich zu Shell-International gehörte, hat Chaabi vor Monaten gekauft. Bleibt die MGG. Sollte sie schließen, hielte Chaabi 85 Prozent der marokkanischen Produktion.

Auch Bonn möchte sich das Vorzeigeprojekt MGG nicht so einfach kaputtmachen lassen. Zwar muß Zeino die Einlagen der KfW zurückzahlen – eine Schuldenstreichung sehen die Vergabekriterien nur dann vor, wenn das Projekt aus technischen Gründen fehlschlägt –, doch es geht um das Prestige bundesdeutscher Entwicklungspoltik. In einem scharf abgefaßten Brief verlangte Botschafter Herwig Bartels vom königlichen Wirtschaftsberater André Azoulay eine Überprüfung des Falles. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Helmut Schäfer, schloß sich auf einer Pressekonferenz anläßlich eines Rabat-Besuchs im Juni dieser Bitte an.

Doch der einflußreiche Mann aus dem Kabinett von Hassan II. leitete das Schreiben kurzerhand an das Handelsministerium weiter, das Zeino bereits Jahre zuvor hatte abblitzen lassen.

Nur einmal reagierte die marokkanische Verwaltung prompt – als die MGG einen Antrag auf Schließung stellte. „Wir warten bis heute auf die Antwort des zuständigen Zivilgouverneurs. Statt dessen rief uns nur drei Tage später jemand aus dem Arbeitsministerium an und teilte uns mit, daß wir auf gar keinen Fall die Genehmigung bekämen, die Firma aus dem Register zu streichen“, sagt Zeino. Was angeblich die Interessen der Beschäftigten schützen soll, heißt für Zeino, daß er auch dann die Gewerbesteuern weiterbezahlen muß, wenn er seine Zelte in Rabat endgültig abbrechen sollte. Verwaltungsgerichte, wie sie in anderen Ländern über die Affäre MGG entscheiden könnten, befinden sich im Aufbau. „Ich weiß wirklich nicht mehr weiter“, resümiert der deutsch-syrische Unternehmer.

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