piwik no script img

Basketballtrainer wird Telefon-Star

Der US-Telefonkonzern Worldcom will den größeren Konkurrenten MCI für 30 Milliarden Dollar kaufen. Auf der Strecke bliebe das Bündnis MCIs mit Spaniens Telefónica und der British Telecom  ■ Von H.-J. Tenhagen und R. Wandler

Berlin (taz) – Wenn's klappt, ist Bernard Ebbers ganz oben. Der 56jährige ehemalige Basketballtrainer aus Mississippi hat sich in den vergangenen fünf Jahren einen beeindruckenden Telefonkonzern, die Worldcom mit 5,6 Milliarden Dollar Umsatz zusammengekauft. Basketballstar Michael Jordan ist das werbende Aushängeschild der Firma. Doch jetzt will Ebbers noch höher springen.

Am Mittwoch kündigte er an, für 30 Milliarden Dollar in Aktien den weit größeren Konkurrenten MCI aufkaufen zu wollen. Damit würde Ebbers nicht nur der größten Börsencoup der US-Geschichte glücken, der neue Konzern wäre auch sofort die Nummer zwei auf dem US-Telefonmarkt und einer der ganz großen im international boomenden Kommunikationssektor. Und das, obwohl der in Kanada geborene Ebbers nach eigenen Worten „nicht allzuviel davon versteht, was in dieser Industrie vorgeht“.

Auch die Verlierer des Coups stehen bereits fest: die spanische Telefónica und British Telecom. Der Vorstandsvorsitzende der Telefónica, Juan Villalonga, hatte im Frühjahr diesen Jahres alles auf eine Karte gesetzt, als er bei Concern, dem Verbund von MCI und British Telecom (BT), einstieg. Vor allem die Koordination mit den Nordamerikanern interessierte den Spanier dabei. Das Netz von Telefónica International, die überall in Lateinamerika operierende Tochter der spanischen Telefongesellschaft, und das von MCI ergänzten sich hervorragend.

Um allerdings mit Concern ins Geschäft zu kommen, mußte Villalonga alle Geschäftsbeziehungen zu dem europäischen dominierten Verbund Unisource abbrechen. Der direkte MCI-Konkurrent auf dem amerikanischen Markt und Unisource-Partner AT&T verlangte das so. Der Seitenwechsel, der Villalonga damals soviel Applaus einbrachte, könnte die Telefónica jetzt ins Aus manövrieren.

Denn die British Telecom, die sofort nach Bekanntwerden der Kaufgelüste Ebbers einen Krisenstab einrichtete, wird wohl kaum mit Telefónica allein weitermachen. Sie hat sich gar die Option erhalten den Spaniern zu Hause Konkurrenz zu machen. Der Kurs für Telefónica-Anteile ist in den letzten beiden Tagen als einzige aus dem Telekommunikationsbereich auf allen Märkten gesunken.

Doch auch wenn British Telecom auf dem europäischen Markt im Gegensatz zu Telefónica nichts zu verlieren hat, schrillten hier die Alarmglocken laut. Der britische Telefonriese hatte erst vor weningen Wochen ein eigenes Angebot für MCI abgegeben. MCI mit seinen 18,5 Milliarden Dollar Umsatz auf dem US-Markt sei einer der Eckpfeiler einer globalen Telekom-Strategie erklärte BT damals. Allerdings hatten die Londoner Telefonstrategen nur 21 Milliarden Dollar geboten.

Ihre Analyse damals: Der 1968 gegründete MCI-Konzern steht bei weitem nicht so gut da, wie noch vor einigen Monaten gedacht, der US-Konzern hat sogar erhebliche Schwächen. Ihm fehlen lokale Netze. Deswegen standen Verluste von 800 Millionen Dollar ins Haus. Die Briten wollten die Schwächen ausnutzen und den Preis drücken. Ursprünglich hatte BT 25 Milliarden zahlen wollen.

Ebbers analysiert anders. Worldcom mit seinen 13.000 Angestellten bringt lokale Netze in 86 US-Städten in den neuen Konzern ein. MCI könnte sich Investitionen und Verluste sparen. Der Einstieg in letzter Minute ist eine Spezialität des Unternehmensaufkäufers. 40 Firmen hat der Shooting-Star der Branche allein in den vergangenen fünf Jahren gekauft.

Zuletzt hatte die 1983 von Ebbers mit einigen Investoren in Jackson, Mississippi, als LDDS gegründete Worldcom mit America Online und dem Bertelsmann- Konzern den Internet-Pionier CompuServe zerlegt. Während AOL und Bertelsmann vor allem an der Kundenkartie des Konkurrenten CompuServe interessiert waren, kaufte Ebbers Konzern die hevorragende technische Infrastruktur von CompuServe für einen Milliardenbetrag.

Eine der auch von Marktbeobachtern neidlos eingeräumten Stärken Worldcoms ist eine technologische Führungsposition und die Stärke des Konzerns im Internet-Geschäft. Der neue Konzern würde die Hälfte der Internet- Kommunikation in den USA abwicklen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen