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Die Wahl naht, und die Lösung kommt

■ Die Logik des Soli-Beschlusses

Wie haben wir uns gefreut, damals im Herbst 1993, ein Jahr vor der Wahl: Nur Niederlagen für die Bonner Koalition waren zu melden. Steffen Heitmann verzichtete auf den Job als Bundespräsident. In Magdeburg trat das halbe CDU-Kabinett nach einer Besoldungsaffäre zurück. Die Union, so sah es damals aus, scheiterte mit ihren Vorstellungen zur Pflegeversicherung, weil eine mächtige SPD im Bundesrat es ablehnte, zwei Feiertage zu opfern.

Die FDP stänkerte permanent gegen den eigenen Politpartner; manche Liberale wollten sogar einen eigenen Kanzlerkandidaten aufstellen, weil sie Kohl nichts mehr zutrauten. Die Umfragen deuteten ein Jahr vor der 94er Wahl auf ein Desaster für die Union hin, und zur Bestätigung unserer Ahnungen trafen damals zwei weitere Meldungen ein. Erstens: Kanzler Kohl verweigert das Rededuell mit seinem mächtigen, allseits gefürchteten, chancenreichen Gegner. Der Grund konnte ja nur Angst des einen Pfälzers vor dem anderen sein. Zweitens: Die Frankfurter Allgemeine diagnostizierte „Untergangsstimmung“ in der Koalition. Da waren wir sicher: Der rot-grüne Wahlsieg kommt.

Doch in den zwölf Monaten vor der Bundestagswahl demonstrierte die Koalition, daß sie eines in kritischen Situationen perfekt beherrscht: interne Konflikte für einen begrenzten Zeitraum einzudämmen. Ein paar Probleme wie die Wahl des Bundespräsidenten wurden schnell und reibungsarm erledigt, ein paar andere einfach vertagt. Das Ergebnis ist bekannt.

Der jetzige Kompromiß beim Solidaritätszuschlag paßt genau in dieses Muster: Die Wahl naht, und die Lösung kommt. Daß die Finanzierung der Entlastung auf Kosten der nächsten Generationen geht, ist dabei völlig egal – und es ist auch kein Vorwurf, den die Koalition fürchten muß: Wer hatte bis gestern schon eine Ahnung, was der Erblastentilgungsfonds tut? Und wen interessiert das morgen noch?

Deshalb sollte man die Freude über das miese Erscheinungsbild der Koalition in den letzten Monaten schnell vergessen: Das Chaos dieses Sommers werden Union und FDP nicht mehr wiederholen – zumindest im nächsten Jahr nicht. Differenzen im eigenen Lager haben dieser Regierungstruppe noch nie geschadet, weil sie Machtinstinkt genug hat, rechtzeitig die internen Konflikte auszublenden. Wenn Rot-Grün die Wahl gewinnen will, gelingt das nur dank eigener Inhalte, nicht dank der Schwäche des Gegners. Felix Berth

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