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Eine Milliarde Mark zurück an den Bund

Die alljährliche Rüge des Bundesrechnungshofes an der Deutschen Bahn AG fällt in diesem Jahr besonders harsch aus. Neue Entscheidung für umstrittene Thüringen-Strecke steht noch diese Woche im Bundestag an  ■ Von Gudrun Giese

Berlin (taz) – Mit Geld wirtschaftlich umgehen kann man bei der Deutschen Bahn AG offenkundig immer noch nicht. Annähernd eine Milliarde Mark fordert das Eisenbahnbundesamt jetzt vom staatseigenen Unternehmen zurück – Gelder, die für nicht zuwendungsfähige Projekte ausgegeben beziehungsweise nicht wirtschaftlich eingesetzt wurden. Der Betrag fiel allein im Jahr 1995 an; schon für 1994 hatte die Bahn AG mehr als 500 Millionen Mark ans Bundesamt zurückzahlen müssen. Wie ein Sündenregister liest sich der Mitte September erstellte Bericht des Bundesrechnungshofes zur Finanzierung des Schienenwegeausbaus. Ohne konkrete Beispiele für die Mißwirtschaft zu nennen, haben die Rechnungsprüfer einen erstaunlichen Schlendrian bei der Bahn AG ausgemacht. „Die DB AG hat bisher ihren Anträgen auf Abschluß von Finanzierungsvereinbarungen überwiegend keine Nachweise über die Auswahl der wirtschaftlich vorteilhaftesten Lösungen für die Maßnahme beigefügt“, heißt es im Bericht. Und: „Bei einer Vielzahl von der DB AG in Rechnung gestellter Leistungen [haben] Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht nachvollzogen werden können“.

Selbst das Bundesverkehrsministerium gestand auf Nachfragen des Rechnungshofes ein, daß die Bahn AG in der Regel Bundesmittel für Neubauprojekte beantrage, ohne ihren Anträgen Wirtschaftlichkeitsrechnungen beizufügen. Gezahlt wurde dennoch – aus Steuerzahlers Tasche.

Die Rechnungsprüfer haben der Bahn AG obendrein Empfehlungen mit auf den Weg gegeben. Müßte sich die Bahn AG, so heißt es beispielsweise, an Investitionsvorhaben mit einem bestimmten Prozentsatz selbst beteiligen, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das Interesse an der Wirtschaftlichkeit erheblich steigen. Schließlich schlägt der Rechnungshof dem Bundesministerium vor, alle Schienenausbauprojekte grundsätzlich neu zu bewerten.

Für den Bahnexperten der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Albert Schmidt, ein Grund mehr, die seit langem umstrittene Eisenbahn-Neubaustrecke zwischen Nürnberg und Erfurt in Frage zu stellen. „Inzwischen ist sogar in Bahn-Kreisen zu hören, daß der neue Bahn-Chef Johannes Ludewig dieses Projekt noch mal überprüfen lassen will“, so Schmidt. Immerhin soll der Bund in diesem Fall 90,2 Prozent der rund acht Milliarden Mark schweren Investition berappen. „Das wirft ein bezeichnendes Licht auf die ,Wirtschaftlichkeit‘“, meint Schmidt. Doch bereits in dieser Woche soll der Haushaltsausschuß des Bundestages die Mittel für dieses Bahnprojekt bewilligen.

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