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Diese gemeine Saat

Vögel bedrohen Fuhlsbüttel: Der anti-kolonialistische Kampf des Senats gegen Saatkrähen  ■ Von Heike Haarhoff

Der Wirtschaftsstandort Hamburg ist bedroht. Kein Flugzeug kann mehr landen. Denn ein artverwandter Vogel, die Gemeine Saatkrähe (Corvus frugilegus), hat den Luftraum über dem Flughafen Fuhlsbüttel schleichend, aber konsequent unter seine Fittiche genommen. Dies stelle, stellt der Noch-Senat mit Besorgnis fest, nun eine „unmittelbare Gefahr“für die Kerosin-Flieger dar.

„In jüngerer Zeit“gar, erklärte er auf Anfrage der grünen Bürgerschaftsabgeordneten mit Herz für bunte Vögel, Antje Möller, hätten sich am Flughafen „zahlreiche kleinere Kolonien gebildet“. Die gelte es zu vernichten. Denn das dunkle Federvieh mit dem hellen Schnabel und den unverkennbar behaarten Beinen fahre eine nicht länger hinnehmbare Nist-Strategie: Die Eier würden bevorzugt in Bäume rund um den Flughafen gelegt, auf daß die Jungbrut, kaum daß sie flügge sei, auf direktem Weg zur Landebahn ausschwärme.

Quasi als Kamikaze-Flieger. Die Saatkrähe neige dazu, bestätigt die Pressestelle des Flughafens, sich in Triebwerke oder Scheiben zu schmettern. Das sei für die Flugzeuge schlecht, und für die Tiere natürlich auch.

1996 erhielt der Senat von 57 solcher „Vogelschlagereignisse“Kenntnis. „Darunter waren 5 Ereignisse mit Schäden durch Krähen zu verzeichnen, bei 15 Ereignissen konnte die Vogelspezies nicht festgestellt werden.“Daß der als „schutzwürdig“eingestuften Saatkrähe ein „selbstmörderischer Hang“nachgesagt werden könne, mochte die Umweltbehörde gestern weder bestätigen noch dementieren.

Vorsorglich aber seien 182 Saatkrähen-Nester bereits „entfernt“und dem Kompost zugeführt worden. „Die Vögel sollen sich erst gar nicht am Flughafen wohlfühlen“, hofft dessen Pressestelle. Allerdings habe man weder Gelege zerstört noch Tiere getötet, sondern nur unbewohnte Nester vernichtet. „Die Anzahl von vertriebenen Saatkrähen“hingegen sei „nicht bekannt“.

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