: Ein Diktator bleibt ein Diktator
■ Togos bedeutendster Oppositionschef berichtet von alltäglicher Bedrohung und Menschenrechtsverletzung / Trotz Wahlen im nächsten Jahr: „Rückkehrer aus dem Exil leben in Gefahr“
Der togoische Oppositionsführer Yawovi Agboyibor (54) zählt die Tage bis zur Parlamentswahl im nächsten Juli. Bis dahin herrscht unter der Diktatur von General Eyadema „heiße Spannung“, berichtete der Chef der größten Oppositionpartei Togos, Comité d'Action pour le Renouveau (CAR), die in ihrer politischen Ausrichtung mit der CDU in Deutschland verglichen wird. Agboyibor war letzte Woche auf Einladung der „Flüchtlingsinitiative“und des „Bremer Informationszentrums für Menschenrechte und Entwicklung“in der Hansestadt.
Zwar seien offensichtlicher politischer Mord und Totschlag durch das togoische Militär im letzten Jahr weniger geworden, stimmte der Anwalt und Oppositionelle dem letzten – internen – Bericht des Auswärtigen Amtes vom Juni zur Lage Togos zu. Doch dürfe genau das nicht über die wahre Situation täuschen: „Ein Diktator wie Eyadema, der sich seit 32 Jahren gegen den Willen seines Volkes an der Macht hält, ändert sich nicht. Er ändert höchstens seine Methoden. Ich erhalte persönliche Drohungen. Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung.“
Hier setzten die Fragen von Bremer Anwälten, Politikern, JournalistInnen und Oppositionellen im Bremer Exil ein – und Agboyibor beantwortete sie mehr als deutlich: „Ich gehe nur in Begleitung von vier Gendarmen aus dem Haus. Ich muß damit rechnen, erschossen zu werden.“Für weniger bekannte Anhänger der drei großen Oppositionsparteien sei die Gefahr unermeßlich viel größer. Wenn jemandem allerdings etwas „zustoße“, dann wäre das – anders als von deutschen Richtern bisweilen fälschlich angenommen – nicht einmal der privaten Presse zu entnehmen. „Selbst dort, wo Zeugen einen Offizier am Tatort erkannt haben, schreibt man dessen Namen nicht in die Zeitung. Sonst ist kurz darauf die Polizei in der Redaktion“, berichtet der Oppositionelle, den Ex-Bundespräsident Richard von Weizäcker mit dem Preis der „Deutschen Afrika-Stiftung“für seine Verdienste im Kampf um die Menschenrechte auszeichnete. Politische Repression äußere sich heute in bewaffneten Überfällen auf Privatpersonen – die nach außen wie kriminelle Aktionen erscheinen, so Agboyibor.
Nicht einmal im benachbarten Benin oder in Ghana sind nach Agboyibors Erfahrungen politische Flüchtlinge vor Ermordung und Verfolgung durch den langen Arm Eyademas sicher. „Deshalb sind vor kurzem fast hundert Menschen aus Benin nach Holland geflohen, darunter fünf unserer Mitglieder.“Wie das togoische Regime, das auch die letzten Wahlen manipulierte, selbst mit bekannten oppositionellen Rückkehrern umgeht, zeigt schon ein Blick ins nationale Fernsehen, berichtet Yawovi Agboyibor: „Da wurden junge Leute gezeigt, die einen bekannten Oppositionskollegen, Professor Gnivivi, kurz nach seiner Rückkehr aus dem Exil beschimpft und angegriffen haben.“Mittlerweile sei der Mann wieder ins französische Exil zurückgekehrt – „aus berechtigter Angst um sein Leben.“
So bedenklich wie der Mangel an echter Pressefreiheit ist aus der Sicht der Opposition auch die wachsende Vereinnahmung vieler Organisationen durch regimetreue Anhänger Eyademas – die übrigens auch das Bonner Auswärtige Amt bestätigt. „Selbst die Richter kriegt Eyadema mit seiner Schreckenspolitik hinter sich“, berichtet Agboyibor. So bastele man jetzt an einer Anklage gegen ihn. Der Vorwurf: die Beteiligung an einem international beachteten Massenmord. Dieser hatte sich vor rund fünf Jahren zugetragen. Über hundert Leichen waren in der Lagune Lomés gefunden worden. Obwohl Zeugen in der fraglichen Nacht Militärs am Tatort gesehen hatten, seien diese Spuren nie verfolgt worden. Stattdessen wartete man jetzt mit einer abenteuerlichen Geschichte auf, die Agboyibor als Oppositionsführer belasten und diskreditieren sollte – „dabei ist alles in einer Nacht geschehen, wo Ausgangssperre herrschte. In Togo „leben wir unter ganz besonderen Bedingungen, sage ich Ihnen“.
Keinesfalls könne Eyadema zu diesem Zeitpunkt hinnehmen, „daß die, die die Diktatur bekämpft haben, jetzt aus dem Exil zurückkehren.“Jeder abgelehnte Asylbewerber, der mit einem deutschen Paß-Ersatzpapier zurückgeschickt wird, müsse mit Schwierigkeiten rechnen. Dabei zeige die Diktatur gerade jetzt, wo die Opposition im Vorfeld der Wahlen mobilisiert, ihr doppeltes Gesicht: „Wir haben einen ersten Marsch durch Lomé unternommen. Ohne Zwischenfälle. Aber nur weil sich Beobachter der USA und Deutschlands angekündigt hatten.“Gleichzeitig seien erste Drohungen eingegangen, daß es Auseinandersetzungen und Gewalt bei weiteren derartigen Manifestationen der Opposition im Oktober geben werde. Auch wurden erste Versuche, öffentliche Parteitreffen außerhalb der Hauptstadt Lomé abzuhalten, gestört oder ganz verhindert. „Einmal hat man uns gesagt, die Stadt, in der wir ein Parteitreffen abhalten wollten, um zu mobilisieren, müsse ein halbes Jahr lang gereinigt werden“, berichtet der unbeugsame Oppositionelle – und lacht. Dabei wissen seine Freunde, daß noch nicht sicher ist, ob der Politiker wieder ins Land gelassen wird. „Ich muß zurück“, sagt er selbst schlicht. Wenn alle gingen, die Angst haben, wäre das Land fast leer. Dann könne der Diktator sich die Händer reiben, weil sich das Problem mit der Demokratie von alleine erledigt hat.“ ede
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