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Grüne Visionäre gegen grüne Handy-Benutzer

■ Landesmitgliederversammlung der Grünen in Hessen will einen neuen Generationenvertrag und knüpft mit ihrer Resolution an das umstrittene Thesenpapier „Staart.21“ der jungen Grünen an

Vellmar (taz) – Das sei doch nur noch eine „modernistische Handy- Jugend“, schimpfte ein Grüner aus Frankfurt, der mittlerweile zu denen gehört, die in der einst jungen Partei alt geworden sind. Und einige junge Grüne aus Gießen kündigten wegen dieser „Handy-Jugend“ sogar ihren Austritt aus der Grünen Jugend Hessens an. Sie könnten nicht mehr eine Jugendorganisation unterstützen, schrieben sie, „die sich als Produktionsstätte der Verwaltungseliten von morgen versteht und sich für ach so zukunftsfähig hält – für die zukünftigen Posten“.

Den Streit ausgelöst auf der Landesmitgliederversammlung der hessischen Grünen am Sonnabend in Vellmar hatte die mit großer Mehrheit verabschiedete Resolution „Hessen.21 – den Generationenvertrag neu verhandeln“. Diese basiert überwiegend auf dem in der Partei umstrittenen Thesenpapier junger Grüner mit dem Titel „Staart.21“. Damit, so die Kritiker, wollten sie nichts zu tun haben. Für die Autoren des Papieres würden die politischen Fronten nicht mehr zwischen arm und reich, sondern nur noch zwischen den Generationen verlaufen. Gesellschaftliche Realitäten würden als unveränderbar akzeptiert. „Wir jedoch“, schreiben die jungen Grünen aus Gießen, „wollen diesen auch visionäre Alternativen entgegensetzen.“

Doch die Mehrheit auf der Landesversammlung hielt es eher mit dem ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Franz Vranitzky: „Wer an Visionen leidet, der möge doch – bitte schön – den Arzt aufsuchen.“ Die Resolution zum neuen Generationenvertrag, die Diskussionsgrundlage auch für andere Landesverbände und für die Bundespartei werden soll, wurde leicht entschärft und dann verabschiedet. Gefordert wird ein radikaler Abbau der Staatsverschuldung. Auch das Rentensystem soll grundlegend geändert werden.

„Der alte Generationenvertrag ist für uns nicht mehr gültig“, sagte Julia Wörwag vom Mehrheitsflügel der Grünen Jugend Hessens. Doch das Kernstück des neuen Generationenvertrages, der Generationenfonds, der das bisherige Rentensystem einmal ersetzen soll, taucht in der verabschiedeten Resolution nicht mehr auf. Die Partei hatte da Diskussionsbedarf angemeldet. Denn in der mehrstündigen Debatte um diesen neuen Generationenvertrag hatte es neben viel Lob auch viel Kritik an dem Grundsatzpapier „Staart.21“ gegeben. Antje Vollmer etwa fehlen Thesen zum Wiederaufbau eines sozialen Umfeldes in einer Gesellschaft, deren Arbeitsbegriff sich ändere. Wer selbstbewußt als Generationenprojekt antrete, so Vollmer, der müsse auch etwas zu den sozialen Zusammenhängen in der Gesellschaft sagen. Klaus-Peter Klingelschmitt

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