Putzfrauen schrubben in heimlichen Tarifzonen

■ Immer mehr Interessenten konkurrieren um schlechtbezahlte Jobs in Privathaushalten. Nur wenige der Putzhilfen und Babysitter werden aber offiziell über „Haushaltsschecks“ abgerechnet

Der Markt ist härter geworden. Früher, erzählt die Polin Alicia*, „da rief ich morgens um acht an bei den Leuten, und ich hatte Glück“. Heute dagegen sind die Jobs um diese Zeit schon weg. Alicia klingelt jetzt früh um sieben durch, „und dann ist der Anschluß besetzt“. Schon um sechs Uhr morgens anzurufen traut sie sich nicht: „Ich kann die Leute doch nicht wecken.“ Alicia sucht einen Job als Putzfrau, und wer glaubt, solche Arbeit sei immer zu finden, weiß nicht, wie sehr sich der Jobmarkt in Berlin verändert hat.

In den Stadtillustrierten Zitty und Tip sowie in der Zweiten Hand inserieren Haushalte, die Putzfrauen oder Tagesmütter für einen Job ohne Steuerkarte suchen. Knapp 300.000 Haushalte verfügen in Berlin über ein Nettoeinkommen von mehr als 5.000 Mark im Monat, 85.000 Kinder haben das Kindergartenalter noch nicht erreicht. Um Putz- und Babysitterjobs konkurrieren jedoch inzwischen nicht nur Studentinnen, Jugendliche, Rentnerinnen und Ungelernte, sondern auch arbeitslose Frauen, die einen Zuverdienst suchen. Hinzu kommen Ausländerinnen, die keine offizielle Arbeitserlaubnis haben und deshalb auf Jobs in Privathaushalten angewiesen sind.

Parallel dazu ist es in vielen Haushalten finanziell enger geworden. Dann wird als erstes die Putzfrau gefeuert. Oder der Preis gedrückt. In Berlin und Umland gelten eine Art heimliche Tarifzonen, umgekehrt wie bei der U- und S-Bahn. Je weiter der Arbeitsort von der Innenstadt entfernt liegt, desto stärker fallen die Löhne.

Im Westteil der Stadt kriegen Putzfrauen 15 Mark die Stunde, schon in Kleinmachnow sinkt der Lohn auf 12 Mark, in Potsdam schließlich auf 10 Mark. „Verdirb die Preise nicht“, drohen in Potsdam dort schon länger ansässige Wessis der frisch zugezogenen Westberlinerin, die ihrer Hilfskraft noch die gewohnten 15 Mark zahlen will.

Bei Tagesmüttern ist die Bezahlung mitunter noch schlechter. Vollzeit jobbende Tagesmütter erreichen mit ihrem Honorar oftmals nicht die strenge Armutsgrenze von 50 Prozent des bundesdeutschen Durchschnittsnettoentgelts. Freiberufliche Tagesmütter, die beispielsweise vom Bezirksamt und vom Schöneberger Arbeitskreis zur Förderung von Pflegekindern vermittelt werden, bekommen den offiziellen Satz von rund 750 Mark pro betreutes Kind. Davon müssen die Kosten für Essen, Spielzeug, Ausflüge bestritten werden.

Ziehe man die Kosten ab, verdiene eine Tagesmutter mit drei betreuten Kindern für einen Vollzeitjob etwa 1.300 Mark, „brutto“, wie Eveline Gerszonowicz vom Arbeitskreis betont. Ist die Tagesmutter nicht mit dem Ehemann krankenversichert, muß sie noch zusätzlich für ihre Sicherung sorgen.

Dennoch bietet der Job den Tagesmüttern einen unschlagbaren Vorteil: Die Kinder werden in der Regel in der Wohnung der Tagesmutter betreut, die eigenen Kindern können mitversorgt werden. „Das ist der entscheidende Punkt“, so die Vermittlerin von Pflegekindern, Gerszonowicz.

Frauen, die mobiler sind, verlangen mehr für die Betreuung. 12 bis 15 Mark fordern berufserfahrene Babysitter für stundenweise Betreuung, die monatlich gezahlten „Schwarzgehälter“ liegen oftmals zwischen 1.300 bis 2.000 Mark für einen Vollzeitjob.

Viele der Putzfrauen und Kinderbetreuerinnen sind auf irgendeine Weise sozial abgesichert – oftmals über die Krankenkasse des Ehemannes oder über das Arbeitsamt. Versuche, den „schwarzarbeitenden“ Haushaltshilfen den Weg zur Festanstellung zu ebnen, sind daher bislang gescheitert.

Anfang dieses Jahres führte das Bonner Arbeitsministerium den „Haushaltsscheck“ ein und erhöhte die steuerlichen Abzugsbeträge für Haushaltshilfen. Das Scheckverfahren sollte es privaten Arbeitgebern leichter machen, die Sozialabgaben abzuführen, allerdings nur, wenn das monatliche Entgelt an die Haushaltshilfe 1.500 Mark nicht übersteigt.

Seit Januar gingen bei der AOK und den Ersatzkassen in Berlin aber nur 60 bis 62 Haushaltsschecks ein. „Die Zielgruppe für diese Haushaltsschecks existiert nicht“, vermutet Andreas Kniesche, Sprecher der Ersatzkassenverbände in Berlin. Einige wenige Höchstverdiener melden ihre besser bezahlten Tagesmütter direkt bei der Sozialversicherung. Normalverdiener hingegen bevorzugen offenbar nach wie vor die „Schwarzarbeit“. Barbara Dribbusch

*Namen geändert