: Tunnel-Rave bei 20.000 Watt
■ 1500 tanzten dort, wo sonst nur Autos Zufahrt haben
Die Lust auf Techno-Musik treibt immer schrillere Blüten. Nach „Love-Parade“und „Generation-Move“hob Hamburg am Samstag sozusagen einen „Tunnel-Rave“aus der Taufe. Wo sonst Autos und tonnenschwere Laster durchbrettern, sich Kfz-Schlangen am Hauptbahnhof entlangwinden, waren in der Nacht zum Sonntag diesmal ganz andere Töne zu vernehmen.
Rund 1500 Technofans feierten im Wallringtunnel in der Innenstadt. Mit dieser Location löste die Technodisko „Tunnel“, normalerweise in schlichteren Räumen in St. Pauli beheimatet, ein schon in ihrem Namen liegendes Versprechen an die Techno-Gemeinde ein.
Die war dann auch überwältigt. „Das ist total geil hier“, schwärmt die 24jährige Christa auf dem Weg Richtung Tanzfläche. Sie versucht, gegen die Musik anzubrüllen, kämpft sich mit den Händen durch die Masse wie ein Forscher im Dschungel mit der Machete. Je mehr sie sich dem Mittelteil der Unterführung nähert, desto markerschütternder wird die Musik.
Der Tunnel ist von innen nicht wiederzuerkennen. Wo sonst im Vorbeifahren nichts als eine fade graue Röhre in der Erinnerung haften bleibt, huschen heute Laserlichter und bunte Scheinwerfer über die Wände. Einen Moment lang fliegen in Windeseile blaue Sterne und pinkfarbene Kreise über den Asphalt. Kurze Zeit später projiziert die Lichtanlage orangene und grüne Punkte auf die Straße, die Wände und die über tausend RaverInnen. „Die Anlage ist 20.000 Watt stark. Zum Vergleich: Die heimische Stereoanlage bringt normalerweise 100 Watt“, erklärt Organisator Georg Roll. Der Betreiber des Tunnel-Clubs in der Großen Freiheit auf St. Pauli ist stolz auf die exklusive „location“. „Besonders freut mich, daß die Polizei und das Bezirksamt mitspielen.“
Auch aus dem näheren und ferneren Hamburger Umland sind mehrere hundert RaverInnen angereist. Aus Sicherheitsgründen dürfen nur 1500 BesucherInnen dabei sein. Den stolzen Eintrittspreis von 45 Mark an der Abendkasse rechtfertigt Roll mit den erheblichen Kosten für die Tunnelmiete, Discjockeys, Ton- und Lichtanlage, Sicherheitsdienst und Reinigungspersonal. lno/taz
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