piwik no script img

■ Die AnderenLa Stampa zur die 35-Stunden-Woche / La Repubbblica zu Blairs Verhältnis zum Euro / Bild am Sonntag zu Kohls Versuch, die Partei auf Kurs zu halten

Die Turiner Zeitung „La Stampa“ kritisiert die zur Beilegung der römischen Regierungskrise erzielte Einigung über die 35-Stunden-Woche: Bertinottis Bewunderung gilt mit Frankreich einem Land, das krankhaft zwischen revolutionären Tumulten und staatlichen Eingriffen hin- und herschwankt, das jegliche sozialdemokratische Verhandlungstradition ignoriert und aus angeborener Schwäche nur mit Gesetzen handeln kann. Die Gewerkschaften haben in Frankreich in den vergangenen zwanzig Jahren zwei Drittel ihrer Mitglieder verloren und repräsentieren heute nur noch fünf Prozent der Beschäftigten der Privatindustrie. Italien steht dagegen mit über 40 Prozent hinter Schweden auf einem europäischen Spitzenplatz. Wir sind also nicht im Begriff, eine Avantgarde zu imitieren. Die französische Nation besitzt einen starken Willen zum Wandel, doch sie ist Gefangene gravierender und alter Krankheiten, unter denen Staat, Gewerkschaften und Wirtschaft leiden.

Das Verhältnis Blairs zum Euro kommentiert die römische „La Repubblica“: Nach wochenlangen Spekulationen über einen möglichen Entschluß Großbritanniens, der Währungsunion sehr schnell beizutreten, hat Schatzkanzler Gordon Brown nun eine baldige Einführung des Euro ausgeschlossen und zu verstehen gegeben, daß ein Beitritt in der laufenden Legislaturperiode nicht zu erwarten ist. Die Macht der ökonomischen Realität hindert Labour daran, das Steuer der konservativen Regierungen allzu brüsk herumzuwerfen. Dabei würde Blair nur allzu gerne eine Hauptrolle beim Aufbau des Euro spielen. Doch zu stark divergieren die wirtschaftlichen Zyklen zwischen Großbritannien und dem Rest Europas, zu gefährlich wäre eine schrittweise Absenkung der Zinsen mitten in einem Boom, der die Wirtschaft überhitzt und Wachsamkeit an der Inflationsfront gebietet.

„Bild am Sonntag“ kommentiert Kohls Versuch, seine Partei auf Kurs zu halten: Die Reaktionen auf Kohls Interview-Slalom, vor allem die aus der eigenen Partei, machen schon jetzt klar: Die Diskussion, wie lange der Kanzler noch im Amt bleibt, wird bis zum Ende dieser Amtszeit nicht mehr aufhören. Selbst mit seiner nachgereichten Versicherung, er werde nach einem eventuellen Wahlsieg noch einmal volle vier Jahre regieren, hat Kohl das Thema nicht erledigen können. Das politische Publikum wird seinen Wunschnachfolger Schäuble von nun an stets als eine Art Schattenkanzler genau mitbeobachten. Damit hat die Union dasselbe Handicap wie die SPD – nämlich zwei Kanzleraspiranten. Genauso, wie man gegensätzliche Äußerungen von Schröder und Lafontaine genüßlich auseinandernehmen kann, werden nun Meinungsverschiedenheiten zwischen Kohl und Schäuble höchste Brisanz bekommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen