: Viele Vorschläge, kein Konzept
■ Neue Ideen zu Minijobs: Einkommen bis 1.000 Mark von den Sozialbeiträgen entlasten. Blüm lehnt Quotierung der 610-Mark-Jobs ab. Westerwelle fordert ein "schlüssiges Konzept"
Bonn/Berlin (taz/rtr) – Im koalitionsinternen Streit über die sozialversicherungsfreien 610-Mark- Jobs haben CDU-Politiker eine härtere Gangart gegenüber der FDP gefordert. Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) forderte eine „Enttabuisierung“ des Themas, nachdem offenbar auch bei den Arbeitgebern „das Eis zu schmelzen“ beginne.
Westerwelle sagte hingegen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, eine Abschaffung der 610-Mark-Jobs (520-Mark-Jobs in Ostdeutschland) würde nur zu mehr Schwarzarbeit führen. Bislang sei das Festhalten an diesen Stellen feste Vereinbarung in der Koalition gewesen. Wer daran etwas ändern wolle, müsse ein schlüssiges Konzept vorlegen.
Das schlüssige Konzept fehlt bislang, statt dessen gibt es nur einzelne Vorschläge aus Reihen der CDU/CSU und der SPD. Die Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU schlägt vor, die Grenze für sozialversicherungsfreie Jobs auf 350 Mark abzusenken. Im Gespräch ist auch eine Quotierung, die besonders größeren Betrieben nur eine bestimmte Anzahl der 610-Mark- Jobs zubilligt. Die CDU-Sozialausschüsse (CDA) möchten jene Beschäftigten, die neben ihrem Hauptberuf noch einen 610-Mark- Job haben, vollständig zur Sozialversicherung heranziehen.
Der Vizechef der CDA, Hermann-Josef Arentz, schlug gestern vor, Monatseinkommen bis 1.000 Mark bei den Sozialbeiträgen zu entlasten. Ein Arbeitskreis der Fraktion um den Abgeordneten Hartmut Schauerte, schlägt vor, die pauschale Lohnsteuer auf 610-Mark-Jobs von 20 auf 25 Prozent zu erhöhen und die Hälfte der Steuereinnahmen an die Rentenversicherung zu überweisen.
Blüm sagte der Süddeutschen Zeitung, es gehe nicht darum, die 610-Mark-Jobs voll sozialversicherungspflichtig zu machen. Man dürfe aber nicht dulden, daß immer mehr Unternehmen reguläre Beschäftigungsverhältnisse in mehrere Billigjobs aufteilten. Die aus der Union vorgeschlagene Quotierung der sozialversicherungsfreien Stellen lehnte Blüm jedoch ab. „Diese Quoten haben eine fatale Wirkung“, sagte er. Sie könnten sogar zu einer Ausweitung der Billigjobs führen, weil Unternehmer ihre Quoten voll ausreizen wollten.
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