„Lächle und kriech den Leuten in den Arsch“

■ Die PhonePartner GmbH betreibt Dienstleistung per Telefon. Immer mehr Firmen nutzen den freundlichen Service, um die Kontakte zu ihren Kunden effektiv und professionell zu pflegen

„Das Schlimmste sind Sekretärinnen“, sagt Gregor Stietzl. „Denen muß man pausenlos Honig um den Mund schmieren, um durchgestellt zu werden.“ Der zwanzigjährige Student weiß, wovon er spricht. Seit drei Jahren jobbt er als Telefonkontakter, anfangs nur, um sein Taschengeld aufzubessern. Inzwischen finanziert er damit sein Studium und lebt gut davon.

Monika Lüllau ist stolz auf ihren Mitarbeiter. „Er ist einer meiner Besten“, sagt die Geschäftsführende Gesellschafterin der PhonePartner Berlin GmbH. „Der kann einfach gut schauspielern und hat den Knigge des Telefonmarketings im Blut.“ Dieser Knigge liest sich wie folgt: „Sei superfreundlich. Bewahre die Ruhe. Der Kunde ist König. Lächle durchs Telefon – kurz: kriech den Leuten in den Arsch!“ zählt die Wahlberlinerin die wichtigsten Regeln auf.

In den Arbeitszimmern, der PhonePartner Berlin GmbH, dröhnt es nur so von gespielten Freundlichkeiten. Bis zu sechs Mitarbeiter sitzen in den Büros und versuchen, wildfremde Menschen in ein Gespräch zu verwickeln. Erlaubt ist alles, was freundlich wirkt: Nach jedem Satz ein interessiertes „Aha“ und am Ende die Frage, ob denn ein Rückruf erlaubt sei. Oder noch viel besser: „Schönen Gruß an ihren Mann!“

Die Arbeitsfelder von Telefonmarketingunternehmen sind vielseitig. Zu den wichtigsten Aufgaben zählen Kundenbetreuung, Neukundenakquisition, Marktbefragungen und Reklamationsbearbeitung. Die Mitarbeiter der PhonePartner GmbH Berlin erstellen derzeit eine Zufriedenheitsstudie für eine Krankenkasse. Ziel der Krankenkasse ist es, die Beweggründe für die Abwanderung ihrer Kunden zur Konkurrenz zu erfahren. Dafür stellte man der Agentur 5.000 Kundenadressen von ehemaligen Mitgliedern zur Verfügung, die von den Telefonkontaktern angerufen werden.

Telefonmarketing ist ein aufstrebender Dienstleistungszweig. Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Emnid haben sich die Aufwendungen für das Telefonmarketing zwischen 1988 und 1994 von insgesamt 1,4 auf 2,8 Milliarden Mark verdoppelt. Auf Basis der Emnid-Studie hat der DDV (Deutscher Direktmarketing Verband) für 1996 Gesamtaufwendungen in Höhe von 3,7 Milliarden Mark ermittelt. Weiterhin werden in der Emnid-Studie für die nächsten Jahre zweistellige Wachstumsraten prognostiziert. der DDV erwartet für 1997 einen Zuwachs von 25 Prozent.

Auch Monika Lüllau spricht von steigenden Wachstumsraten. 1995 eröffnete sie die Niederlassung Nord-Ost der PhonePartner GmbH Dietzenbach in Berlin. Damals begann sie mit zwölf Mitarbeitern und erwirtschaftete einen Jahresumsatz von 400.000 Mark. „1997“, sagt die Unternehmerin zuversichtlich, „werden wir die Grenze von einer Million Mark überschreiten und 40 Mitarbeiter beschäftigen.“ Die Hälfte ihrer Mitarbeiter sind fest angestellt. Bei größeren Aufträgen wird auch auf sogenannte Freie zurückgegriffen, die anfangs 15 bis 20 Mark in der Stunde verdienen. Nach der Einarbeitungszeit kann sich die erfolgsabhängige Bezahlung noch erhöhen. Festangestellte erhalten 35 bis 40 Mark die Stunde.

Bleibt noch die Frage: Warum soll eine Firma Arbeit, die sie selbst erledigen kann, nach außen verlagern? Monika Müllau: „Wir arbeiten effektiver. Erledigt eine Firma die Telefonkontakte selbst, kostet sie eine Verkäuferstunde mit Lohnnebenkosten etwa 200 Mark. Bei uns reduzieren sich die Kosten auf 60 Mark.“ Die Gründe für diese krasse Diskrepanz liegen für Monika Müllau ganz klar auf der Hand: „Bei uns werden keine Aufgabenstellungen vermischt, denn wir müssen nicht nebenbei noch Termine wahrnehmen oder Planungen tätigen. Meine Leute konzentrieren sich nur auf das Telefonieren. Das ist ihr Job!“ Alexander Eschment