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Tocotronic ausverkauft

■ Motzkis zur Schulstunde im Modernes

Rockmusik ist einfach nicht mehr das, was sie einmal war. Oder war andererseits alles schon immer so? Über diese Frage grübeln die taz-Motzkis Dr. Blohm und Herr Voss beim Konzert des Hamburger Trios Tocotronic im Modernes.

Dr. Blohm: Sie wissen, ich bin nur Ihnen zuliebe hier. Hoffentlich fängt die Hauptgruppe bald an.

Voss: Oh ja, es geht los! Tocotronic kommt. Aber was macht der Schlagzeuger da mit der Gitarre?

Dr. Blohm: Er gibt eine besinnliche Solo-Nummer. Sympathisch allerdings, wie er dem Publikum das Mitklatschen ausredet.

Voss: Sag ich ja! Die Jungs haben wunderbar nebensächliche Feindbilder!

Dr. Blohm: Naja, früher war Rockmusik eine zornige Angelegenheit. Heutzutage wird die jugendliche Wut augenscheinlich richtig hart weggekuschelt. Und immer dieses Understatement in Haarschnitt und Aussage – das nennt sich dann Diskurs-Pop?

Voss: Die Geschichte mit der „Hamburger Schule“ist eigentlich seit drei Jahren gegessen.

Dr. Blohm: Und jetzt? Ab ins Poesiealbum damit...?

Voss: Sie sind „modern“geworden. Deshalb wollen ja alle Mädchen solche tollen und sanften Jungs als Freund.

Dr. Blohm: Tocotronic ist also doch wieder so eine Boygroup?

Voss: Auf dem gehobenen Niveau für Abiturientinnen...

Dr. Blohm: Das würde immerhin mit dem College-Rock korrespondieren, der hier geboten wird. Haben wir nicht auch schon mal Sonic Youth oder Pixies angehört?

Voss: Was für ein Vergleich?! Jetzt werden Sie ungerecht!

Dr. Blohm: Na ja. eigentlich sind sie ja ganz reizend.

Voss: Der große Rahmen paßt einfach nicht. Früher haben Toco-tronic originelle kleine Singles selbst produziert, dann kam der Erfolg geschlichen. Vielleicht ist es ihnen gar nicht so recht, jetzt Rockstars zu sein?

Dr. Blohm: Weiß ich nicht. Die Euphorie eines Publikums, das man sich nicht aussuchen kann... Tocotronic scheint erfrischend lakonisch damit umzugehen.

Voss: Wir sollten gehen.

Dr. Blohm: Ja. Genug der Nachhilfe in adoleszenter Befindlichkeit. Mich macht das doch ein bißchen traurig!

Voss: Gehen wir trinken.

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