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SPD will Koalition bei 610-Mark-Jobs antreiben

■ Sozialdemokraten begrüßen Bewegung in der Union und wollen einen Kompromiß anbieten

Bonn (AFP) – Die SPD will die Koalition bei den sogenannten 610-Mark-Jobs durch Kompromißvorschläge in Zugzwang bringen. Der SPD-Sozialexperte Ottmar Schreiner sprach sich gestern dafür aus, zumindest zu einer „Teillösung“ zu kommen. Es sei keine Zeit mehr für „taktische Mätzchen“. Er wolle auch nicht mehr bis Weihnachten warten, wie die Koalition, um das Problem der Spaltung des Arbeitsmarkts anzugehen, betonte Schreiner. Dafür gebe es Vorschläge, die in die richtige Richtung wiesen, beispielsweise die Halbierung und Festschreibung der Geringfügigkeitsgrenze auf 300 Mark im Monat. Außerdem sollten sozialversichungspflichtige Beschäftigte, die noch einen Nebenjob unter der 610-Mark-Grenze ausübten, auch dafür Beiträge abführen.

Nach Angaben von SPD-Fraktionschef Rudolf Scharping könnten die Sozialbeiträge allein durch eine Versicherungspflicht für wirkliche Nebentätigkeiten um 0,2 Prozentpunkte gesenkt werden. Scharping bewertete es positiv, daß die Union in der Frage der 610-Mark-Jobs endlich in Bewegung gerate. Die Bündnisgrünen wollen auf der heutigen Sitzung des Arbeitsausschusses des Bundestags eine Anhörung zu dem Thema beantragen. In der Koalition sperrt sich die FDP gegen eine Eindämmung der sozialversicherungsfreien Beschäftigungen.

Auch Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) wandte sich erneut gegen die „gezielte Umwandlung von normalen Arbeitsverhältnissen in geringfügige Beschäftigung“. Der „Flucht aus der Sozialversicherung“ müsse entgegengesteuert werden, sagte er. In den vergangenen fünf Jahren seien rund zwei Millionen Menschen der Sozialversicherung abhanden gekommen. Die Zahl der gefügigen Beschäftigungsverhältnisse habe sich im gleichen Zeitraum von 4,4 auf 5,6 Millionen erhöht. Dagegen erklärte die CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, der Mittelstand brauche die 610-Mark-Jobs. Wenn die Politik den Mißbrauch dieses notwendigen Instrumentes wirklich bekämpfen wolle, müsse sie vor allem die Lohnzusatzkosten senken.

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