: Mehr Opium fürs Volk
Rot-Grün will trotz widerspenstiger Staatsanwaltschaft zusätzliche Fixerstuben. Heroinabgabe wäre auch ganz schön ■ Von Silke Mertins
In der Drogenpolitik gebe es „einiges zu verändern“, kündigte der designierte Erste Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) gestern mittag an, bevor er hinter der Verhandlungstür verschwand. GAL-Verhandlungsführerin Krista Sager gab sich nicht minder optimistisch. Selbst in der Migrations- und Flüchtlingspolitik – Rundes großes Angstthema, das gestern nicht mehr drankam – sah Sager keinen Stolperstein.
Und wo kein Problem sein soll, wird auch keines kundgetan. „Den Hamburger Weg“in der Drogenpolitik „wollen wir weitergehen“, erklärte SPD-Parteichef Jörg Kuhbier. Das differenzierte Hilfesystem werde sichergestellt, und auch „repressive Maßnahmen“seien weiterhin „notwendig“. Allerdings vereinbarten SPD und GAL vier weitere Fixerräume – wo, ist noch unklar – und eine Ausweitung der Öffnungszeiten bei den bestehenden Einrichtungen.
Das Methadonprogramm wird in jedem Fall weitergehen. Falls die Krankenkassen mit den Kosten zicken, will Rot-Grün sich bei den Haushaltsberatungen mit der Finanzierung befassen. Gemeinsam soll auf Bundesebene auch fürderhin für die kontrollierte Heroinabgabe gekämpft werden.
Zu der strittigen Frage der Legalität der Druckräume sagte Kuhbier: „Für uns gilt das, was der Generalstaatsanwalt sagt“, nämlich, daß die Einrichtungen nicht gesetzeswidrig handeln. „Es ist Aufgabe der Justizbehörde, innerhalb der Staatsanwaltschaft eine einheitliche Rechtslage herzustellen.“Für die Beschäftigten der Fixerstuben bestehe vorerst leider immer noch das Risiko, von einer möglichen Strafverfolgung seitens der Staatsanwaltschaft betroffen werden zu können. Aber „die politische Verantwortung liegt voll beim Senat“, so Kuhbier. Man würde die „armen Schweine“, die dort arbeiten, nicht im Regen stehen lassen.
Für die offene Drogenszene soll ein neues, an Frankfurt und Zürich orientiertes Konzept ausgearbeitet werden. Kuhbier rügte in dem Zusammenhang das bisherige Vorgehen der Innenbehörde. Eine „unkonzeptionelle Situation“bestehe für die Polizei. Ein Arbeitskreis – was sonst – soll alsbald „klares Vorgehen“definieren. Denn die „gegenwärtige Lage ist nicht optimal“. Von all diesen Maßnahmen erhoffen sich SPD und GAL eine „spürbare Entlastung der offenen Drogenszene“.
Zum Thema Gesundheit beschlossen die Koalitionspartner in spe, den von Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (SPD) ausgearbeiteten Plan für das Hafenkrankenhaus umzusetzen; eine Notfallambulanz mit stationärem Angebot plus Sozial- und Gesundheitszentrum sowie der Bau von Altenwohnungen. Das Allgemeine Krankenhaus Barmbek soll erhalten bleiben. Das Thema Flüchtlings- und Migrationspolitik wurde auf Sonntag verschoben.
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