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Hürden für Sparerfolg bei der BSAG

■ Verkehrssenator will Zuschuß der Stadt um 15 Millionen Mark kürzen / Privatisierungen und Mehrarbeit für Beschäftigte

Heftigen Widerstand gegen die Sparpläne des Verkehrssenators Bernt Schulte (CDU) bei der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) hat die Gewerkschaft ÖTV angekündigt. Schulte will den städtischen Verlustausgleich für die BSAG (1996: 159,3 Millionen Mark) um 15 Millionen Mark pro Jahr kürzen.

Bei der BSAG befürchtet man, diese Summe nur mit einer Reduzierung des Angebots aufbringen zu können: Linien würden eingestellt, Busse und Bahnen führen seltener.

Zwei Drittel der Spar-Vorgabe möchte der Senator direkt von den 2.400 Beschäftigten holen: Sie sollen länger arbeiten. Statt 37 Stunden 38,5 Stunden in der Woche. „Arbeitszeitverlängerung ist ein absolutes Tabu für uns“, hält ÖTV-Verhandlungsführer Immo Schlepper dagegen.

Weitere Einsparungen sollen nach dem Willen Schultes aus der Privatisierung unter anderem der Werkstätten, der Reinigung und der Fahrgastkontrolle kommen. Bei der BSAG beteuert Unternehmenssprecher Wolfgang Pietsch zwar den Willen zu sparen, weist aber auf mögliche negative Folgen hin: Leute müßten „freigesetzt“werden, ein schlechteres Angebot vertreibe die Fahrgäste.

Die von Schulte in einem Brief an BSAG-Vorstand Karl-Heinz Witt angeregten „Strukturveränderungen“sind nach Meinung der BSAG wenig realistisch. So sei ein Verkauf der Werkstätten an Privatfirmen schwierig, weil bei der BSAG die Wartung der Busse und Straßenbahnen eine Einheit bilde, sagt Pietsch. Für Straßenbahn-Wartung gebe es kein Know-How bei privaten Anbietern. Die BSAG versucht selbst, mit der Reparatur privater Busse Geld zu verdienen.

Bei Fahrgastkontrollen, die Schulte ebenfalls an Private abgeben will, setzt die BSAG viele dienstunfähige ehemalige Bus- und Straßenbahnfahrer ein. „Wir hätten was dagegen, wenn das dann von 610-Mark-Kräften gemacht würde“, sagte BSAG-Sprecher Pietsch. Dasselbe gelte für die Reinigung von Dienstgebäuden und Fahrzeugen. Höhere Fahrpreise seien erstens nicht gewollt und zweitens nur im gesamten Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (VBN) durchzusetzen.

Die Oppositionsfraktion der AfB forderte gestern, einzelne Buslinien zu privatisieren. „Private haben doch erst recht kein Interesse, schwache Linien zu übernehmen“, kontert BSAG-Mann Pietsch. Zwar seien die Kosten der BSAG pro Linie tatsächlich höher, aber sie zahlten auch höhere Löhne und hätten auch die Kosten für Fahrpläne und andere übergeordnete Service-Leistungen zu tragen. Außerdem müsse der in Bremen gewünschte Standard, wie etwa die Niederflur-Busse, auch von Privaten gehalten werden. Es sei aber „nicht prinzipiell ausgeschlossen“, Linien an Private abzugeben, sagt der BSAG-Sprecher.

Knackpunkt an Schultes Spar-Plan dürfte jedoch die Arbeitszeitverlängerung sein: Zwar haben die Arbeitgeber den Rahmentarifvertrag, der die Arbeitszeiten festlegt, gekündigt. Aber neue Verhandlungen müßten laut ÖTV-Vertreter Schlepper erst Ende September 1998 aufgenommen werden. Schulte hingegen möchte die bei der BSAG gesparten Millionen schon in die Verhandlungen über den Haushalt einbringen, die im Dezember dieses Jahres beginnen.

Joachim Fahrun

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