: Einbürgerung: Union bleibt hart
■ CDU-Innenpolitiker lehnen die doppelte Staatsbürgerschaft weiterhin strikt ab. Dafür bieten sie Einbürgerung als Rechtsanspruch, allerdings unter verschärften Bedingungen
Bonn (AP/taz) – Einen Tag nach der auch innerhalb der Koalition kontrovers geführten Bundestagsdebatte über die doppelte Staatsbürgerschaft haben die Innenpolitiker der CDU/CSU gestern ihre eigenen Vorschläge für eine Neuordnung des Staatsbürgerschaftsrechts auf den Tisch gelegt. Das von Erwin Marschewski und Meinrad Belle vorgelegte Papier lehnt weiterhin die generelle Zulassung von doppelten Staatsbürgerschaften ab. Dafür sollen Ausländer bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung erhalten.
Der CDU-Abgeordnete Peter Altmaier betonte allerdings, daß es sich bei diesem Papier nicht um die Positionen der Fraktion handele, sondern allein um die der innenpolitischen Sprecher. Der Fraktionsentwurf soll erst in der kommenden Woche vorgelegt werden.
Nach diesem Positionspapier aus der Union für die bevorstehenden Verhandlungen mit der FDP sollen Einbürgerungen von in Deutschland weitgehend integrierten Ausländern nicht mehr wie bisher im Ermessen der Behörden liegen, sondern überwiegend auf der Grundlage eines Rechtsanspruchs erfolgen. Dazu müssen sich erwachsene Ausländer zehn statt bisher 15 Jahre lang und Jugendliche zwischen 16 und 23 Jahren acht Jahre lang in Deutschland aufgehalten haben. Voraussetzungen sollen ferner sein: Die „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“, erkennbar beispielsweise an der Schul- und Ausbildungssituation oder an der Bejahung der Grundwerte der Verfassung. Weitere Kriterien sind Straffreiheit, kein Bezug von Sozialhilfe und die hinreichende Beherrschung der deutschen Sprache.
Das Positionspapier greift ferner die „deutsche Kinderstaatszugehörigkeit“ auf. Laut Belle ist dieser Vorschlag aber inzwischen von Fachleuten als unpraktikabel verworden worden und „vom Tisch“. Er sei nur aus Gründen der Koalitionsräson in dem Positionspapier enthalten und solle nach dem Willen der Union ersetzt werden durch die Regelung, Ausländerkindern mit Rechtsanspruch auf Einbürgerung einen deutschen Kinderausweis auszustellen. Nach dem Willen der CDU-Politiker sollen die Möglichkeiten zur Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft erweitert werden: Wer eine fremde Staatsbürgerschaft freiwillig erwirbt, soll die deutsche auch dann verlieren, wenn er dauernd in Deutschland lebt.
Angesichts der verhärteten Fronten in der Bonner Koalition haben Reformbefürworter in CDU und FDP erneut die Möglichkeit einer freien Abstimmung im Bundestag ohne Fraktionszwang in Spiel gebracht.
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