■ Vorschlag
: Geborener Unterhalter: Gad Granach im Alten Rathaus Potsdam

Gad Granach ist ein Katzennarr. Kater Motek hat mit seinen schier unmöglichen 25 Jahren die Hoheit über die Wohnräume Gad Granachs gewonnen. Mit Motek blickt er direkt auf die Villa des Staatspräsidenten Weizmann und dessen protokollarische Aktivitäten. Im israelischen Fernsehen machte Granach seinen Landsleuten schon öfter mit Händen und Füßen vor, wie es aussieht, wenn die Flagge des Besucherstaates gehißt wird und wie eine „Wurscht“ am Mast hängt. Es weht einfach kein Wind in dieser Ecke Jerusalems. Daß ihm das auffällt, hängt vielleicht mit den vielen aufgeblähten Fahnen zusammen, die er noch in seiner Heimatstadt Berlin erlebte, bis er sie 1936 auf Drängen seiner vorausschauenden, weisen Mutter in Richtung Palästina verließ. Wäre er in Berlin geblieben, mutmaßt Granach, wäre ich „wahrscheinlich ein Unterhalter, so einer wie Harald Schmidt, der auf die Bühne geht und Witze erzählt“.

Dennoch ist Granach ein glänzender Unterhalter geworden, nur ohne Bühne. Die jedoch hatte sein Vater bekommen. Alexander Granach war neben George und Gründgens eine Berühmtheit im Berlin der zwanziger Jahre. Später emigrierte er in die USA, wo er an der Seite von Greta Garbo in Lubitschs Meisterwerk „Ninotschka“ einen vertrottelten russischen Kommunisten spielte. Mit seinen 82 Jahren überblickt Gad Granach (1915 in Rheinsberg geboren) nicht nur den grauen Horizont dieses Jahrhunderts, sondern auch die komplette Geschichte Israels, an dessen Aufbau er seinen Anteil hat, ob als Hilfspolizist noch unter britischem Mandat, als Bauarbeiter in Tel Aviv oder Lokführer am Toten Meer.

Seine Wohnung ist bis heute eine deutsche Enklave geblieben. Leidenschaftlich gern bekocht er seine Gäste. Alles wäre gut, wenn es nicht zunehmend gefährlicher würde, beim Einholen der Zutaten durch eine Bombe zerfetzt zu werden wie die Schwester seines Freundes Schmulik. Seitdem „ist Schmulik auf die Araber nicht gut zu sprechen“. Von wegen „Heilige Stadt“, „diese Stadt“, so Granach, „zieht wie ein Magnet Verrückte aller Richtungen an, Juden, Christen, Moslems“. Aber auch die orthodoxen Juden verbreiten kaum Freude: „Wir haben das Land aufgebaut, die leben davon, daß sie sich mit Gott unterhalten.“ Hendrik Röder

3. 11., 19.30 Uhr, Altes Rathaus, Potsdam. Henryk M. Broder im Gespräch mit Gad Granach