: Sand im Cafébetrieb: „Fehler im Service“
■ Café Sand ist wegen finanzieller Engpässe nur noch an Wochenenden geöffnet / Sielwallfähre schränkt Betrieb ein / Drohen den Mitarbeitern Kündigungen?
Susanne Rugen ist sauer. Seit Jahren nutzte die Pädagogin in der Woche mehrmals am Tag die Sielwallfähre, um den Weg zwischen ihrem Wohnort in der Neustadt und ihrem Arbeitsplatz in der „Kindergruppe Lange Reihe e.V.“zurückzulegen. Seit dem letzten Wochenende muß sich die 36jährige eine neue Strecke suchen. Denn mit Beginn des Monats November hat der Fährbetreiber Hal Över den Betrieb drastisch eingeschränkt. Bis Februar 1998 wird die Fähre nur noch an den Wochenenden zwischen 10 und 18 Uhr sowie während der Fußballspiele im Weserstadion oder zu Sonderveranstaltungen des Café Sand verkehren.
Dieter Stratmann, Geschäftsführer der Hal Över GmbH und Leiter des Cafébetriebs, begründet diese Maßnahme mit der mangelhaften Auslastung des Schiffs und unerwarteten Mindereinnahmen des Café Sand. „Wir fahren von Oktober bis Februar 150.000 bis 200.000 Mark an Defiziten ein, weil wir im Winter nur ein Prozent der BesucherInnen verzeichnen, die im Sommer ins Café Sand kommen.“Diese Defizite sind laut Stra- tmann durch die Mehreinnahmen im Sommer nicht zu decken, zumal der Cafébetrieb in den vergangenen zwei Jahren starke Umsatzrückgänge zu verzeichnen hatte. Da mit den Überschüssen aus dem Café ein Großteil der Betriebskosten der chronisch defizitären Fähre abgedeckt werden müssen, sind die Konsequenzen aus diesem finanziellen Engpaß laut Stratmann unvermeidlich. Nachdem der Fährbetrieb, sieht man von einer dreiwöchigen Unterbrechung wegen Eisgangs ab, in den beiden vergangenen Wintern aufrechterhalten wurde, „mußte sich Hal Över im September zu der Entscheidung durchringen, aus Kostengründen den Schiffsverkehr wieder auf die Wochenenden zu beschränken.“
Nutzerinnen wie Susanne Rugen, die sich in Erwartung einer ganzjährigen Fährverbindung eine Jahreskarte für 120 Mark gekauft haben, sehen sich nun getäuscht. „Ich habe zwölf Monate bezahlt, bekomme aber nur acht Monate die versprochene Leistung.“Diesem Vorwurf widerspricht Stratmann. Es handele sich nicht um eine Jahres-, sondern um eine Saisonkarte. Und diese ende für die 257 KartenbesitzerInnen in diesem Jahr eben früher als im letzten.
Nicht nur die Fahrgäste bekommen die Folgen der angeschlagenen Finanzlage des Cafés zu spüren. Den 14 festangestellten Kräften im Café Sand und auf der Fähre droht für die kommenden vier Monate mindestens Kurzarbeit. Stratmann steht in Verhandlungen mit dem Arbeitsamt, die in den nächsten Tagen abgeschlossen sein werden. Sollten sie scheitern, stünden Kündigungen an. Ob diese bereits ausgesprochen wurden – schließlich wären in dem Fall mehrmonatige Kündigungsfristen einzuhalten – wollte Stratmann weder bestätigen noch dementieren. „Darüber können Sie spekulieren.“Dem Vernehmen nach sind jedoch schon Kündigungen verschickt worden.
Stratmann kündigte Umstrukturierungen im Café Sand an, das erst im April 1995 in einen 3,5 Millionen Mark teuren Neubau gezogen war und damit das Fundament für einen ganzjährig geplanten Cafébetrieb gelegt hatte. „Wir haben Fehler im Marketing- und Servicebereich gemacht, die wir abstellen wollen, um das Ziel Ganzjahrescafé zu erreichen.“Eine neue Leitungsstelle, die die innerbetrieblichen Abläufe besser koordinieren soll, ein Wechsel des Gastronomieangebots und bauliche Veränderungen sind beabsichtigt. zott
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