Unterm Strich

Gegen die alltägliche Versenkung von Brent-Spar- Plattformen in unseren Gehirnen wird nun auch in Deutschland vorgegangen. Für den 29. November ist der erste Internationale „Buy Nothing Day“ ausgerufen. Mach mal 24-Stunden-Pause vom Konsumrausch, lautet die Devise, die in den USA und Kanada, in Australien und Neuseeland, in England, Holland und Schweden bereits über eine wachsende Fangemeinde verfügt. Der erste verkaufsoffene Samstag vor Weihnachten soll zum „Feiertag für die Umwelt“ werden, läßt die werbungs- und konsumkritische Organisation Adbusters wissen. Der Werbeindustrie sollen die verführerischen Geister ausgetrieben werden. „Der maßlose Konsum in den Industrieländern“, sagt Kalle Lasn von den amerikanischen Adbusters, „ist die Mutter aller Umweltprobleme.“ Auch Umweltprobleme wollen halt mütterlich genährt sein. „Wir kämpfen als eine Art Greenpeace gegen geistige Umweltverschmutzung.“ Die New York Times kürte Kalle Lasn und seine Mitstreiter angesichts des Schreckens, den sie in der Werbeindustrie verbreiten, zu „Guerilleros des Informationszeitalters“. Wer sich dieser Guerilla anschließen möchte, hat es gut. Er muß am 29. November nur die Taschen zulassen. Der nächste verkaufsoffene Sonnabend kommt bestimmt.

Gegen das alltägliche Versinken des Berliner Ensembles in den tieferen Schichten unseres Bewußtseins indessen ging gestern der derzeit amtierende Mitintendant Stephan Suschke in Zusammenarbeit mit der Berliner Morgenpost vor. Die aktuelle Gerüchteküche (Peymann kommt nur, wenn's 10 Millionen Mark mehr gibt etc.) kalt lassend, postulierte Suschke als künstlerisches Credo ein „vitales, sinnliches, politisches Theater jenseits der Exekution von Klassikern und jenseits des Musealen“. Vital, sinnlich, politisch wäre natürlich jeder von uns gern – Stephan Suschke aber hat auch konkrete Erfahrungen gesammelt. Bei einer Gastspielreise mit „Arturo Ui“ durch Mexiko, Argentinien und Brasilien nämlich erhielt er jüngst Einblick in die dortige Gesellschaftsstruktur: „Alles reiche Länder, aber die Verteilung ist so wahnsinnig ungleich.“

Ungleiche Verteilung wurde unterdessen auch in Brandenburg gesichtet. Über 40 schreibende Frauen aus Deutschland nehmen derzeit in Rheinsberg am „Zweiten Literarischen Salon von Schriftstellerinnen aus Ost und West“ teil. In ihrem Grußwort beklagte Brandenburgs Sozialministerin Regine Hildebrandt die schlechtere wirtschaftliche Situation von Frauen in den künstlerischen Berufen. In den neuen Bundesländern würden diese Probleme von der durchgängig hohen Arbeitslosigkeit überlagert. „Die geschlechtsspezifische Benachteiligung wird angesichts der für Männer und Frauen zwar differenzierten, aber gleichwohl miserablen Einkommenssituation im Kulturbereich kaum wahrgenommen.“