Die Bahn verzichtet auf moderne Nahverkehrszüge

■ Die Bahn verabschiedet sich leise von ihrem Versprechen, den Nahverkehr auszubauen. „Das war nur ein Wunschprogramm“, wiegelt sie ab. Eigentlich steckt jedoch der Sparzwang dahinter

Berlin (taz) – Was der alte Bahnchef Heinz Dürr noch an Modernisierungen im Schienennahverkehr versprochen hat, will der neue Chef Johannes Ludewig nun heimlich unter den Tisch fallenlassen. Das glaubt der bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Albert Schmidt. Ihm liegt ein internes Bahn-Papier vor, wonach der Hauptvorstand der Bahn AG geplante Investitionen von 1,5 Milliarden Mark in 343 moderne Triebwagen sowie in den Umbau von 200 Loks nicht genehmigt hat.

Bahnsprecher Hartmut Sommer bestätigte der taz diesen Vorgang, nannte ihn aber unbedeutend. „Diese 1,5 Milliarden waren nur ein Wunschprogramm aus der Nahverkehrsabteilung.“ Daß solche Wünsche nicht immer vom Vorstand berücksichtigt werden könnten, sei ein normaler Vorgang. An dem im Dezember 1996 beschlossenen Investitionsprogramm über 81 Milliarden Mark bis 2001 ändere sich nichts. Die dort eingeplanten 12 Milliarden für Nahverkehrs- und Regionalzüge würden ausgegeben, versicherte Sommer.

„Das war kein Wunschzettel ans Christkind“, entgegnete Bahnpolitiker Schmidt. „Diese Zusatzinvestitionen sind beschlossen worden vom Bereich Nahverkehr – die haben gesagt, wir brauchen das.“ Zu den nicht genehmigten Projekten gehört auch der Kauf weiterer Triebwagen mit Neigetechnik. Diese Fahrzeuge können sich in die Kurve legen und fahren dadurch erheblich schneller. Sie waren zum Teil bereits öffentlich von der Bahn und von Landespolitikern angekündigt worden, so etwa die Züge für den Allgäu-Schwaben-Takt. Dort fahren die Regionalzüge im abgestimmten Stundentakt. Die Neigetechnik-Züge sollten die Fahrzeiten noch mal verbessern.

Die Schuld für den Rückzug gibt Schmidt Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU). Weil der stetig das Geld für neue Schienen kürze, müsse die Bahn „bei den Zügen auf die Bremse treten“ – und dort verplante Gelder in den Schienenbau abzweigen. Während die Bundesmittel für Schienen und Straßen 1994 etwa gleich hoch bei über neun Milliarden Mark lagen, sind im Haushalt 1998 für Schienen nur noch 6,7 Milliarden eingeplant. Der Straßenbau bekommt 8,2 Milliarden. Matthias Urbach