: Play it again, Holly
■ Immer wieder gerne gesehen: Holly Cole in Bremen
So schnell können Traditionen entstehen: Im Januar 1996 gab die kanadische Sängerin Holly Colein Bremen ihr erstes Konzert in Deutschland im Rahmen der „Women in (E)motion“Konzertreihe. Inzwischen ist sie schon so oft wieder hier aufgetreten, daß ein treues Stammpublikum ihre Ansagen für sie beendet und ganz von selbst bei dem Song aus dem Dschungelbuch anfängt, wie die Schlange zu zischen. Und offensichtlich weiß die Sängerin auch, was sie an einer solchen Fangemeinde hat, denn ihre Bemerkung über „the snotty audience“am vorherigen Abend bei ihrem Auftritt während des Berliner Jazzfests war allenfalls zur Hälfte scherzhaft gemeint.
Mit allen anderen Bremer Medien hat auch die taz vom ersten Konzert an enthusiasmiert gejubelt, so daß wir uns heute etwas kürzer fassen können: Ist es sinnvoll, daß diese Frau alle paar Monate in unsere Stadt herumsingt? Auf jeden Fall, denn mit den paar Hundert ZuhörerInnen pro Auftritt haben immer noch viel zu wenig BremerInnen erlebt, wie Holly Cole sie bei ihren Emotionen packen kann, indem sie ihre Stimme bockig, verliebt, albern oder todtraurig klingen läßt.
Singt sie nicht bei jedem Konzert das selbe Programm herunter? Durchaus nicht, denn diesmal stellte sie Songs aus ihrer neuen CD-Produktion vor, und die waren viel poppiger – früher hätte man streng „kommerzieller“gesagt. Etwas beliebiger sind diese neuen Stücke schon, und so richtig packend war von dem neuen Material nur ein Feelgood-Song über das Autofahren, der wie maßgeschneidert für das Autoradio ist. Ist das nicht Jazz, was sie da singt? Zum Glück immer weniger. Auf ihren ersten Platten spürte man noch den Ehrgeiz, in diesem Genre alles richtig zu machen, und extra für das Jazzfest Berlin hatten sie und die Band auch den Standard „Tea For Two“eingeübt. Mit diesem enttäuschte sie in Bremen auch prompt, denn das schnelle, möglicht virtuose Phrasieren ist nicht gerade ihre Stärke.
War es denn wieder schön am Sonntag abend? Unbedingt! Auch beim wiederholten Mal kann man eine Gänsehaut bekommen, wenn Holly Cole so richtig schön traurig „I'm Calling You“singt, und ihre Version von „Que Sera Sera“würde Doris Day immer noch die Schamesröte ins Gesicht treiben.
Kommt sie denn bald wieder? Nach der letzten Zugabe hat sie's fest versprochen, und so, wie sie singt, glaube ich ihr jedes Wort.
Wilfried Hippen
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