Kunst kaufen in Köln
: „German Player“ mit Erfolg

■ Mehr Publikum, weniger Kunst: Die Art Cologne '97 sucht nach einer neuen Identität und nach Jungsammlern für Wände voller Fotografie

Alles wird besser. Noch, so wurde im FAZ-Kunstmarktteil zum Auftakt der diesjährigen Art Cologne moniert, gehe es zwar an diesem oder jenem Stand „buntscheckig“ – soll heißen: nicht etabliert genug – zu. Aber mit der endgültigen Schließung der Halle 5, wo sich einst die Quoten-Farbtupfer der Kölner Kunstmesse tummelten, und einer weiteren Reduzierung teilnehmender Galerien – inzwischen ist man bei nur noch 230 angelangt – sowie der Ankündigung, 1998 die Mindeststandgröße zu erhöhen, scheint das Konzept der Stromlinienförmigkeit (Stichwort: „Integration“) vorerst durchgesetzt. Zumal die Messehallen schon vor der offiziellen Eröffnung brechend voll waren.

Im zweiten Jahr der Konkurrenz Kölns zur Berliner Messe Art Forum hat sich die Kunstregion Rheinland als der erfolgreichere German Player erwiesen. Sie lagern immer noch hier, die Koffer mit den großen Scheinen. Eine straffe Organisation der Kölner Messegesellschaft, ein kompromißloser Zulassungsausschuß, der unabhängig vom Galerieverband arbeitet (an der Spitze: Karsten Greve). Außerdem eine bessere Akzeptanz vor Ort – die Zukunft der Art Cologne sieht, glaubt man den Verantwortlichen, rosarot aus, und sie heißt, wie könnte es auch anders sein: Dienstleistung.

Konkret werden erstmals digitale Navigationsmöglichkeiten durch die Messe oder ein Führungsdienst speziell für Unternehmer angeboten. Die neue Zielgruppe: Jungsammler zwischen 20 und 40 Jahren. Eine Sache sammeln sie auf jeden Fall nicht – neue Medienkunst. Auf der Art Cologne: Keine Computerkunst, nichts zu sehen. Da mag es noch so viele Kaderschmieden für nachwachsende Programmierschichten geben. Einsam plapperte nur Kirsten Geislers Pixelporträt einer Glatzköpfigen vor sich hin: „I am a Beauty. I am a Virtual.“ Das hatte sie schon in Berlin auf dem Art Forum behauptet. Digitale Quotenkunst auf Tournee.

Neue Technologien sonst nur auf der Serviceebene. Wie auch schon in Berlin dominieren statt dessen Fotografie und raumbezogene Installationen. Während in der Beletage der Messehallen von den Platzhirschen Museales feilgeboten wird – Gmurzynska schlägt wieder alle anderen mit Rodin, Macke, Kandinsky, Kupka und den Delaunays –, sind die Förderkojen mit junger, billiger Kunst im Erdgeschoß zu finden. Hier wurden vor allem Raumausstatter und Fotografen ins Programm gehievt. Annebarbe Kau präsentiert bei Gabriele Rivet Klangskulpturen aus Fliegendraht und Kunstrasen, während der Berliner Künstler Costantino Ciervo pathetische Selbstinszenierungen als RAF-Opfer mit Hitler-Flimmerbildern medial aufgemotzt hat (Fine Art Rafael Vostell). Neusachlich statt kitschig dagegen Claus Goedickes großformatige C-Prints von Obst und Gemüse bei Ulrich Fiedler.

Am spektakulärsten ist jedoch zweifelsohne eine Ich-bin-das- Kunstwerk-Performance der Galerie Basta: Zwei Künstler in schmalen Glaskästen, Oberkörper nackt, stellen sich selbst aus. Die Vitrinen beschlagen schnell, das Ganze könnte auch von Damien Hirst mit Tierkadavern inszeniert worden sein. Der wiederum präsentiert andernorts Medizinmüll.

Ansonsten: Zeit für Jubiläen und Preise. 30 Jahre Can, Rockgruppe (nicht auf der Messe); 100 Jahre Albert Renger-Patzsch, Fotograf (Sonderschau auf der Messe). Zwei Art-brut-Sammlerinnen erhielten die Art-Cologne-Auszeichnung. Einen neuen Skulpturenpark gibt's auch in Köln, und Cindy Sherman hat gerade im Museum Ludwig eröffnet (auch sie bekam einen Preis) – die Stadt will wieder Weltkunstzentrum sein. Vielleicht rechtzeitig zum Millenium mit der Riesenschau „Global Art Rheinland 2000“, ausgerichtet von fünf nordrhein-westfälischen Museen?

Fast 30 Galerien haben 1997 jedenfalls noch nicht ganz auf die Region gesetzt: Sie kamen nach Köln und Berlin. Und zeigen mit den anderen zusammen vieles von dem, was heuer schon in Venedig, Kassel oder Münster zu sehen war, dem Publikum noch mal. Auch eine Form der Globalisierung. Holger Liebs