■ Dokumentazion: „Tief beunruhigt“
Auszüge aus den Reden bei der Gedenkfeier in Neuengamme:
Fritz Brinkmann, Generalsekretär der Amicale Internationale KZ Neuengamme (AIN):
An dieser Stelle würdigen wir den unteilbaren Widerstand und gedenken der 55.000 Toten des KZ Neuengamme und seiner Außenlager, die im Kampf für Freiheit und Menschlichkeit ihr Leben lassen mußten. (...) Wir sind tief beunruhigt über das Wiederaufleben neonazistischer Gewaltakte gegen Ausländer, den Rassenhaß, den Antisemitismus, die Schändung von KZ-Gedenkstätten wie Buchenwald, Neuengamme und Sachsenhausen sowie Synagogen und jüdischen Friedhöfen.
Robert Pinçon, Präsident der AIN:
Es haben 50 Jahre vergehen müssen, bevor dieser Ort, Zeuge des Nazi-Terrors, seinen Weg in die Geschichtsdarstellung nimmt und jegliche Verharmlosung gebannt wurde. Unser Schicksal war es zu überleben, und so ist heute das Ziel von uns ehemaligen Häftlingen und Hinterbliebenen der Opfer, die Neugestaltung des Geländes noch mitzuerleben; die Zeit vergeht jedoch zu schnell!
Henning Voscherau, Erster Bürgermeister:
Oftmals haben Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft von der Qual ihres Entschlusses berichtet, nach Jahrzehnten doch in das Land des Holocaust, das Land staatlichen Mordens, zurückzukehren. Viele hatten sich nach der Befreiung geschworen, nie wieder einen Fuß auf deutschen Boden zu setzen. Wir wissen nur zu gut, was mit diesem Schritt verbunden ist: daß Sie vor 50 Jahren gerettet wurden vor den Mördern, befreit wurden zum Weiterleben; nicht aber befreit werden konnten von qualvollen Erinnerungen. Für uns Deutsche darf es deshalb erst recht keinen Schlußstrich, kein Vergessen geben (...).
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