Bremens Stand geortet: Chancen international
■ Tagung: Logistikketten und Industrie gute Basis in Zeiten der Globalisierung
Die Bremer Wirtschaft ist für die gerade beginnende Globalisierung recht gut gerüstet. Dieses Fazit zogen Manager bremischer Unternehmen und Wirtschaftsforscher bei einer Tagung des Instituts für Weltwirtschaft und Internationales Management an der Universität Bremen im World Trade Center.
Als vorteilhaft für die Region wurden die starke industrielle Basis im Fahrzeug- und Flugzeugbau, die vielen hochspezialisierten Dienstleister in Logistik und Distribution sowie die generell sehr starke Auslandsorientierung der Unternehmen genannt.
Klaus Löbbe vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung aus Essen hält die kleinräumige Struktur für eine Chance. Die Wettbewerbsfähigkeit werde künftig weniger von der Leistungsfähigkeit einzelner Betriebe abhängen, sondern davon, ob sich in einem Raum sogenannte „Produktionscluster“oder Wertschöpfungsketten bilden könnten. Denn europaweit sieht Löbbe den Trend zu einer regionalen Arbeitsteilung.
Bremen sei prädestiniert für einen „Cluster“, in dem die traditionell starke Logistik- und Handelssparte mit der bestehenden Industrie und den aufstrebenden Technologiedienstleistern vernetzt würde. Löbbe betonte die starke industrielle Basis der Stadt.
Auf diese Basis hob auch Dietrich Zeyfang ab, der Chef des Bremer Mercedes-Werks und damit größter privater Arbeitgeber der Stadt. Er fragte sich, warum denn Bremen immer noch nur eine „Handelskammer“habe und die „Industrie“nicht vorkomme.
Kurze Wege, persönliche Bekanntschaft und Nähe zu politischen Entscheidungsträgern sind für Dietrich Zeyfang die besonderen Stärken Bremens. Außerdem seien die ARbeitnehmer gut ausgebildet und sehr flexibel. Der Daimler-Manager wünscht sich klare Positionen des Stadtstaates im Bundesrat, etwa zur Steuerreform oder zur Verkehrspolitik. Solche klaren, bundesweit zu vernehmenden Aussagen könnten Standortvorteile sein.
Der Schlüssel bleibt das in Bremen seit jeher starke internationale Geschäft. „Jede dritte Mark wird in Bremen mit der Außenwirtschaft verdient“, sagte Handelskammer Geschäftsführer Wolfram Klein. Die Industrie erziele 42 Prozent ihres Umsatzes im Ausland, die Hälfte davon in Staaten außerhalb der EU.
Unter den deutschen Großstädten rangiere die bremische Industrie auch nach absoluten Zahlen an fünfter Stelle. Auch die Sektoren Handel und Verkehr würden in Bremen unterschätzt. Kleins These: „Die Stimmung ist schlechter als die tatsächliche Situation“.
Allerdings brauche Bremen eine „koherente Wirtschaftsförderungspolitik“, mahnten die Experten. Die Zersplitterung in die Förderung von Außenwirtschaft und anderen Sektoren wie Klein- und Mittelbetriebe müsse – wie von den Unternehmensberatern von McKinsey gefordert – beendet werden.
Konkurrierende Unternehmen etwa in der Logistikbranche müßten überzeugt werden, für einzelne Projekte zusammenzuarbeiten, die sie alleine nicht bewältigen könnten, sagte Klein. „Auf anderen Feldern könnten sie Wettbewerber bleiben“. Weiterhin müsse die regionale Kooperation verstärkt werden, eine Wirtschaftsregion könne sich nicht an willkürlichen Verwaltungsgrenzen orientieren. Wirtschaftsforscher Löbbe schrieb der Politik ins Stammbuch, „durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit die bisherige, politisch bedingte Randlage der Stadt zu überwinden“.
Mercedes-Chef Zeyfang regte die Gründung einer regelmäßigen „Zukunftskonferenz“aus Vertretern der Wirtschaft, Wissenschaftlern, Gewerkschaftern und anderen Persönlichkeiten an, die jenseits der Parteigrenzen Impulse setzen und auch deren Umsetzung einklagen könne. jof
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen