■ Kiffers Corner: Messis rauchen gern
Kai ist 35, kam vor zehn Jahren aus einer westdeutschen Kleinstadt nach Berlin und arbeitet im Buchhandel.
„Die Bezeichnung ,Kiffer‘ finde ich eigentlich ziemlich schwachsinnig. Das klingt ja so, als wenn man ständig kiffen würde. Ich tue da in der Woche ein paar Krümel in die Zigarette vor dem Schlafengehn, guck' noch ein bißchen Fernsehen und fertig. An Wochenenden rauch' ich dann ab und an auch richtige Joints mit Freunden. Dann hört man Musik, geht Flippern oder spielt Backgammon. Sex ist auch ganz gut.
Kiffer klingt ja so, als wenn das der eigene Lebensinhalt wäre, so ein bißchen ideologisch auch. Also: Alkohol igittigitt und Kiffen ist Jesus. Ich find' das eigentlich nicht wichtiger als Autofahren. Autofahren ist zwar toll, aber als Autofahrer bist du auch nicht glücklicher als als Fußgänger...
...Trotzdem gibt es sicher einen Zusammenhang zwischen Unordentlichkeit, Zuspätkommen und Kiffen. Wobei ich eher denke, daß eben Messies zum Kiffen neigen. Ich bin jedenfalls schon als Kind ständig überall zu spät gekommen und hab auch auf Kinderverschickungen immer alle Sachen vergessen. Das geht vielen so! Deshalb solltet ihr auch mal eine Messi-Beilage machen! Das wäre sicher sehr erfolgreich.
So Haschdeppen, die nicht zu spät kamen, sondern gar nichts machten, hab' ich eigentlich erst später kennen gelernt. Was mich an vielen Kiffern nervt, ist eher das Gegenteil. Dieser esoterisch angehauchte Ordnungswahn, dieser Sauberkeitsfimmel. Bei Kiffern zu Hause sieht es ja oft grauenhaft ordentlich aus. Gerade bei solchen, die komplizierte Marihuanasorten anbauen und Drogenmagazine abonniert haben.
Bei mir klappt der Anbau nie so richtig. Letztes Jahr war ich zum Beispiel schon ziemlich weit und wollte Cannabutter aus den drei Pflanzen machen, die ich im Blumenkasten gezüchtet hatte. Ging auch wieder schief. Alles brannte an, weil gerade die Sportschau dazwischengekommen war. Das rauchte unglaublich und roch nicht gut. Statt Cannabutter gab es dann Canna-Asche. Knallte nicht besonders.
Wie auch immer. Zu meinem siebzehnten Geburtstag hatten mir Freunde jedenfalls eine sehr schöne Marihuanapflanze geschenkt. Ich war stolz wie Kerouac und redete viel mit ihr. Wir waren die besten Freunde. Und irgendwann, nach wenigen Wochen, ermordete meine Mutter meine schöne Marihuanapflanze. Ohne vorherige Kriegserklärung. Sie zerstückelte meine schöne Marihuanapflanze und warf die Teile dann auf den Müll. Das trübte unser Verhältnis sehr. Dieser Vernichtungswille schockierte mich. Meine Mutter: eine Marihuanamörderin!“ Protokoll: Detlef Kuhlbrodt
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