Von Jungs mal nicht provoziert werden?“

■ Mädchenaktionstage in Bremerhaven

„Wir wollen die Pille ab zwölf ohne Erlaubnis der Eltern“, forderte die 14jährige Katrin forsch, „und Kondome in der Schule umsonst“. Die Rednerin auf dem Mädchenparlament erntete Applaus bei ihren Mitstreiterinnen. Nachdenklich bis betreten blickten dagegen die Bremerhavener KommunalpolitikerInnen – und gingen auf diese Forderungen erst gar nicht ein.

300 Mädchen zwischen 11 und 16 Jahren drängelten sich in der letzten Woche im Freizeittreff Lehe. 6.000 Mark hatten die Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) und das Amt für Jugend und Familie für die Mädchenaktionstage locker gemacht.

Zum dritten Mal gibt es bei den Aktionstagen ein „Parlament“. Hier konnten die Mädchen ihre „Beschlüsse“direkt an die Erwachsenenwelt adressieren. Mit Transparenten, die sie zuvor in verschiedenen Workshops erarbeitet hatten, traten die Teilnehmerinnen auf die Bühne. Mit Forderungen wie „Wir wollen nicht als Sexsymbol angesehen werden“und „Wir wollen von Jungs nicht provoziert werden“richteten sie sich allerdings an die noch junge Männerwelt – die natürlich nicht anwesend war. „Mädchen fühlen sich durch Jungs gestört, nehmen sich in deren Anwesenheit zurück und kommen daher oft nicht zum Zug“, so Hilla Ehmke (ZGF) zum Hintergrund der Aktion. „Wir wollen jedoch nicht die Koedukation in Frage stellen, sondern einfach Freiräume für Mädchen schaffen“.

Ob die Forderungen des Mädchenparlaments aber realisiert worden sind, soll dann im nächsten Jahr bei den Aktions-Tagen „überprüft“werden. So verlangen die 15 Teilnehmerinnen aus dem Workshop „Durch dick und dünn“mehr und regelmäßig verfügbare AnsprechpartnerInnen für Mädchen mit Eßstörungen. „Ich war schockiert, wieviele elfjährige schon in dem Workshop waren“, so die Teamleiterin Ute Schwichtenberg, „deswegen sind auch zur Prävention AnsprechpartnerInnen in der Schule total wichtig“. Sie bemängelt auch, daß Eßstörungen, egal ob Bulimie, Mager- oder Eßsucht, von Ärzten oft nicht erkannt und ernstgenommen werden. „Bei einem der Mädchen sagte ein Arzt: Wehe, du wirst mir magersüchtig. Da geht natürlich sofort der Rolladen runter“.

Mit der Resonanz der PolikerInnen war Schwichtenberg nicht zufrieden: „Fast alle saßen total emotionslos da – wie Leichen“. Die Mädchen hatten trotzdem Spaß. Auf drei Tage verteilt, eroberten fast alle Mädchen der Bremerhavener Schulen den Lehe-Treff.

Währenddessen drückten die Jungs die Schulbank. „Da sind die Lehrer gefordert, etwas auf die Beine zu stellen“sagt Ehmke. Einen Vorschlag hatten die Mädchen schon parat: Mädchen-Aktionstage für Jungs mit nähen, putzen, kochen und – ganz wichtig – Ballett! Geraldine Friedrich