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Den Schulen gehen die Schüler aus

■ Anmeldezahlen für Grundschulen gehen vor allem im Ostteil der Stadt stark zurück. Die Bezirke müssen Bildungsstandorte schließen. Mittel- und Oberstufe vorerst nicht betroffen

Mindestens 17 Grundschulen im Ostteil Berlins müssen in den nächsten vier bis fünf Jahren geschlossen werden. Die Zahl der Schulen, die mit nur ein oder zwei Klassen pro Jahrgang notdürftig offengehalten werden, ist noch weitaus höher. Denn die Schulen leiden unter enormen Schülerschwund.

Wie aus einer Modellrechnug der Senatsschulverwaltung hervorgeht, reduziert sich die Zahl der in Berlin lernenden Jungen und Mädchen in den nächsten zwei Jahren von derzeit knapp 400.000 auf 379.000. In den Jahren darauf sinkt diese Zahl kontinuierlich weiter und erreicht den tiefsten Stand im Schuljahr 2009/2010 mit rund 320.000 Schülern. Das sind 77.000 weniger als im laufenden Schuljahr.

Hauptgrund für den zunehmenden Schülerschwund ist der extreme Geburtenknick in den Jahren 1991/1992, der sich jetzt, sechs Jahre später, bemerkbar macht. Besonders betroffen davon sind die Schulen im Ostteil der Stadt. Und vorerst trifft es auch nur die die Grundschulen.

Während Westberliner Grundschulen in den nächsten Jahren noch mit konstanten Schülerzahlen rechnen können, sinkt in Ostberlin die Zahl der Erstkläßler von derzeit 210.700 auf 162.000 im Schuljahr 2003/2004. In den Bezirken Friedrichshain, Marzahn, Hohenschönhausen und Hellersdorf halbiert sich sogar die Grundschülerzahl in den nächsten sechs bis sieben Jahren. Die Folge: Grundschulen müssen, wenn sie nicht mehr effektiv geführt werden können, schließen.

Viele Bezirke warten mit der Entscheidung, Schulen zu schließen, noch ab. Zum einen, um die Entwicklung der Anmeldezahlen der kommenden Jahre zu beobachten. Zum anderen, wie die Lichtenberger Bildungsstadträtin Stefanie Schulze (PDS) mitteilt, um Bildungsstandorte für die Zukunft zu sichern: „Schulen, die der Bezirk aufgibt, bekommt er nicht so einfach zurück“, gibt Schulze zu bedenken. „Wir werden vorerst nur die Zahl der Klassenzüge reduzieren“.

Zu schaffen macht den Bezirken auch die zunehmende Abwanderung junger Familien ins Umland, erklärt der Marzahner Bildungsstadtrat Wolfgang Kieke (PDS). Er ist deshalb gezwungen, „Doppel- und Dreifachstandorte zusammenzulegen“, um damit fünf Grundschulen auslaufen zu lassen. Hier werden keine Erstkläßler mehr eingeschult. Die restlichen Klassen werden unverändert weitergeführt, so daß nach vier Jahren eine Grundschule leer steht.

Längerfristig ist abzusehen, daß weniger Anmeldungen auch Folgen für die weiterführenden Schulen haben. Derzeit werden dafür in den Bezirken Schulentwicklungspläne ausgearbeitet. Alexander Eschment

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