: Ein guter Junge, der sechs Wochen funktioniert
■ Beim lockeren 3:0 über das harmlose Südafrika im ersten WM-Testspiel erweist sich der Bayern-Mitläufer Dietmar Hamann als exakt jener Typ, den DFB-Trainer Vogts gesucht hat
Düsseldorf (taz) – Wie der Ball in diesem Fall wirklich einmal „krachend“ im Netz von Südafrika landete, ging der Blick schleunigst zum Torschützen. War ja mal wieder so ein Moment. Ein junger Mann darf erstmals mittun und trifft nach dreizehn Minuten – Marke Tor des Monats. Der Torschütze wirkte natürlich erfreut, davontragen auf eine Wolke ließ er sich nicht. Gerne hätte man wenigstens später noch ein bisserl Emphase eingefangen. Da kam man bei Dietmar Hamann (24) an den Richtigen. „Natürlich“ habe das Tor „befreit“, sagte er, aber sehr viel mehr auch nicht.
Das tun jetzt andere. Nach dem samstäglichen 3:0 über Südafrika im ersten WM-Testspiel steht der Mitläufer von Bayern München zum Jahresende plötzlich besser da als mancher andere.
Mario Basler, zum Beispiel, für den er bei Bayern den Knecht macht. Der spielte links, und das sah „ganz gut aus“. Fand Basler. DFB-Trainer Vogts schloß sich nicht ganz an, er diagnostizierte „Konzentrationsmängel“ im zweiten Abschnitt und brachte seinen berühmten Satz an: „So ist Mario.“
Dies mag harmlos daherkommen – ist aber in Wahrheit ein gefährliches Urteil. Vogts ist mit seiner Taktikmodifizierung (siehe Press-Schlag) in Blickrichtung WM vor allem auf der Suche nach: Verläßlichkeit. Basler hat zwar bei Trapattoni Disziplin-Stunden genommen – aber so ganz traut Vogts dem Frieden nicht.
Der Gegner? Afrika-Cup-Sieger Südafrika fehlten sechs Stammspieler, das uneingespielte Team offenbarte eine fatale Unfähigkeit, „mit den deutschen Flanken an den zweiten Pfosten zurechtzukommen“, wie Trainer Clive Barker zugeben mußte. Sämtliche Tore der klinsmannlosen Deutschen (Hamann, Bierhoff, Heinrich) fielen so.
Insbesondere der von Hamann und dem anderen Neuling, Jens Jeremies (23), gut abgesicherte und daher starke Ersatz-Ersatz-Kapitän Häßler tat sich eine Halbzeit hervor – und Basler. Vielleicht sieht Vogts ja ein, daß er bei Reduzierung der offensiven Mittelfeldspieler von 2 auf 1 einen Kreativspieler wie Basler (statt Heinrich) auf rechts braucht. Das aber wäre bloß ein weiterer Punkt, der für Hamann spräche. Der unterstützte nicht bloß die Defensivarbeit des Chefs, am Ende übernahm er von dem rechtschaffen müden Basler auch noch das Flanken. Vogts' Suche nach einem Eilts-Nachfolger ist dringlich. Strunz und Freund? Sind selten fit. Sven Kmetsch (HSV)? Muß sich zunächst hinter den Neuen einreihen.
Hamann schätzt Vogts insbesondere auch, weil der ein „guter Junge“ ist. Der Trainer sucht Leute, die „sechs Wochen lang funktionieren“, auf keinen Fall aber „Selbstdarsteller“.
Hamann hätte am Samstag die Möglichkeit gehabt. Er aber sagte bloß: „Wir haben gewonnen, ich habe ein Tor gemacht, ich bin sehr zufrieden.“ Vogts mit ihm auch.
Südafrika: Anderson – Fish, Issa, Radebe – Mkhalele (75. Hartley), Tinkler, Nyathi, Augustine, Mnguni (53. McCarthy) – Masinga, Bartlett (69. Ndlanya)
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