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Politintrigen in Pakistan

Premierminister Sharif steht vor Gericht, und Oppositionsführerin Bhutto belasten gesperrte Schweizer Konten  ■ Von Jorge Scholz

Seit gestern steht in Pakistans Hauptstadt Islamabad Premierminister Nawaz Sharif vor dem Obersten Gericht. Ihm wird Ungehorsam gegenüber der Justiz vorgeworfen. Bei einem Schuldspruch könnte Sharif des Amtes enthoben werden. Hintergrund ist der Konflikt um die Besetzung von Richterposten, bei dem Sharif den Obersten Richter beleidigt haben soll. Der Premier hatte vergeblich versucht, die Postenvergabe zu beeinflussen.

Auch die Oppositionsführerin und frühere Premierministerin Benazir Bhutto wird eventuell ihr Abgeordnetenmandat verlieren. Das geht zumindest aus der Anklageschrift hervor, die der Vorsitzende einer von Bhuttos Nachfolger und Erzrivalen Sharif eingesetzten Untersuchungskommission letzte Woche der Presse vorstellte. Demnach seien die Ermittlungen gegen Bhutto und ihren Ehemann Asif Ali Zardari wegen Korruption und Veruntreuung öffentlicher Gelder soweit, daß bald ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Devisenvergehen eröffnet werden könne. Da Bhutto die Existenz ihrer Schweizer Konten verschwiegen habe, drohe ihr die Mandatsaberkennung und eine Sperre für künftige Wahlen.

Bereits am 8. September waren die Versuche der Regierung, Bhutto über den Nachweis von Korruptions- und Devisendelikten während ihrer Amtszeit als Premier politisch kaltzustellen, von einem ersten spektakulären Erfolg gekrönt: Auf Gesuch der Regierung in Islamabad sperrten die Schweizer Behörden für zunächst 90 Tage die Konten des Bhutto- Clans in der Alpenrepublik. Davon betroffen sind auch Konten von sechs Firmen, die Bhuttos Familie für illegale Devisentransfers gegründet haben sollen.

Bhutto war im November 1996 wegen Korruption und Amtsmißbrauchs vom Präsidenten abgesetzt worden. Ihre dritte Rückkehr an die Macht scheiterte bei den Wahlen im Frühjahr. Pakistans Ermittler haben jetzt bis zum 8. Dezember Zeit, Beweismaterial vorzulegen. Andernfalls gibt die Schweiz die eingefrorenen Gelder wieder frei. Zu belegen ist, daß das dort entdeckte und auf 15 bis 25 Millionen Dollar geschätzte Bhutto-Vermögen durch Veruntreuung öffentlicher Mittel und die Annahme von Schmiergeldern für Regierungsaufträge erworben wurde. Bewiesen werden muß auch, daß die Scheinfirmen tatsächlich den Bhuttos gehören. Offiziell sind diese Unternehmen mit Sitz in den bekannten Steuerparadiesen rund um den Globus alle auf den Schweizer Anwalt Jens Schlegelmilch eingetragen, der als Vermögensverwalter der Bhuttos fungiert. Außerdem verlangen die Schweizer, daß dieser Sachverhalt durch ein rechtskräftiges Urteil eines pakistanischen Gerichts bestätigt wird. Der jetzt angekündigte Prozeß, den Bhutto Ende Oktober über eine Verleumdungsklage zu verhindern versuchte, soll wohl diese Bedingung erfüllen.

Ins Rollen kam die Aktion gegen Bhutto, nachdem pakistanische Ermittler nach eigenen Angaben über einen ungenannten Gewährsmann in London gegen Zahlung einer großen Summe umfangreiches Belastungsmaterial erhielten. Die Teilveröffentlichung dieser Kontoauszüge, Verträge und Briefe noch vor einem Gerichtsverfahren stieß in der pakistanischen Presse auf heftige Kritik. Journalisten warfen der Regierung vor, Bhutto ohne Überprüfung der Echtheit der Dokumente diskreditieren zu wollen. Zumindest einige der Materialien könnten gefälscht sein. So wird auf einem veröffentlichten Dokument mit der Unterschrift von Bhuttos Ehemann Zardari neben der Ortsangabe Genf ein Datum genannt, an dem er nachweislich in Pakistan im Gefängnis saß.

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