Waschzwang trotz Sparzwang

■ Für die Straßenreinigung am abgerissenen Stadion der Weltjugend und jetzigen Volxgolfplatz muß die Schulverwaltung jährlich fast 270.000 Mark Gebühren ("Reinigungsklasse 1") zahlen

Weil die Straßen der Stadt nach Ansicht der Herren und Damen SenatorInnen vor Dreck starren, haben sie in der Vergangenheit immer häufiger Straßenreinigungskuren verordnet. Das ist für Immobilienbesitzer nicht gerade billig. Besonderes Pech hat die Senatssportverwaltung: Sie muß auch im nächsten Haushaltsjahr satte 267.500 Mark für die Reinigung einer einzigen Straße aus ihrem Etat zahlen.

Der Grund: Die Verwaltung unter Senatorin Ingrid Stahmer (SPD) ist immer noch Eigentümerin des ehemaligen Stadions der Weltjugend in Mitte. Und weil die Fläche des nach der Wende bis auf den letzten Stein abgerissene Stadions so gigantisch ist, muß sie besonders hohe Reinigungsgebühren für die umliegenden Straßen zahlen: sogenannte „Reinigungsgebühren für öffentlichen Straßenrand“.

Denn die Grundstücksfläche wird berechnet und nicht die Länge oder Breite der Straße, die an ein Grundstück heranreicht. Ein fetter finanzieller Brocken bei dreizehn Hektar Ödnis. Aber so steht's im Straßenreinigungsgesetz, und das wird auch ganz strikt angewandt.

Zusätzlich kommt der Senatsverwaltung teuer zu stehen, daß die an die Freifläche angrenzende Chausseestraße auch noch in die höchste Reinigungsklasse eingruppiert ist. Klasse 1 heißt: Eine Reinigung pro Tag, mal schnöde mit dem Besen, mal besonders penibel mit der Kleinkehrmachschine.

Das haben die obersten Hüter der Straßensäuberung so festgelegt: die Straßenreinigungskomission, die sich aus VertreterInnen des Bezirks, der Stadtreinigung, der Polizei, des Landeseinwohneramtes und der Senatsverwaltung für Umwelt zusammensetzt. Eine hochkarätige Besetzung also, die die Waschung jeder Straße in der Stadt festlegt. Deren Prüfung hat ergeben, daß die Chausseestraße, weil sie eine wichtige Verbindungstraße nach Wedding darstellt, täglich gereinigt werden muß.

Der Sportverwaltung bleibt also nichts anderes übrig, als zu blechen, für ein Areal, daß in der Vergangenheit schon massig Geld gekostet hat. Erst wurde das Stadion nach der Wende für satte 32 Millionen Mark abgerissen. Der Senat wollte eine 15.000 Zuschauer fassende Olympia-Sportarena mit Büro- und Dienstleistungskomplexen bauen. Als die Olympia-Bewerbung und damit die Bebauung platzte, wurde das staubige Gelände aufwendig „besamt“. Jetzt wird das mittlerweile gut gewachsene Gras von Anwohnern als Volxgolfplatz genutzt.

So bald wie möglich sollen auf dem Gelände nach Plänen des Architekten Max Dudler etwa 2.000 Wohnungen mit Kitas und Sporthallen gebaut werden. Doch ein Investor ist bisher nicht gefunden. Erst dann ist auch die Sportverwaltung ihre finanzielle Bürde los: Denn dann muß der Investor die horrenden Straßenreinigungsgebühren zahlen. Julia Naumann