: Irak entzweit Clinton und Jelzin
■ Rußland will die UN-Sanktionen schrittweise abbauen und das Verhältnis zu Bagdad normalisieren. Die US-Regierung fühlt sich düpiert. Frankreich begrüßt die Initiative aus Moskau
Washington (rtr) – Nach der Rückkehr der UNO-Inspektoren in die irakische Hauptstadt Bagdad sind am Wochenende Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA und Rußland über das weitere Vorgegen offen zutage getreten. Die USA lehnten die russischen Vorschläge ab, die Rüstungskontrollen in Irak schrittweise abzuschließen und entsprechend die UNO-Sanktionen zu lockern. Voraussetzung für eine Aufhebung der Sanktionen bleibe, daß Irak die Auflagen der UNO vollständig erfülle, sagte Präsident Bill Clinton nach einem Telefongespräch mit Boris Jelzin.
Jelzin hatte nach Angaben des Präsidialamtes in Moskau gesagt, die durch die Vermittlung Rußlands erreichte Dynamik im Irak- Konflikt müsse jetzt beibehalten werden. Rußland regte an, die Sanktionen schrittweise abzubauen, um sieben Jahre nach Beginn des zweiten Golfkieges zu einer Normalisierung zu kommen. Clinton erklärte nach dem Telefongespräch mit Jelzin, es gebe Differenzen über die Bedingungen für ein Ende der Sanktionen.
Die unterschiedlichen Positionen bestimmen auch die Beratungen des UNO-Sicherheitsrates. Ihm liegen Empfehlungen einer Expertengruppe der Abrüstungskommission für Irak, Unscom, vor. Rußland hatte auf der Unscom- Tagung neben einer Erweiterung der Inspektorengruppe vorgeschlagen, Unscom-Chef Richard Butler weitere Stellvertreter an die Seite zu stellen, waren damit aber gescheitert. Bislang hat Butler nur einen Stellvertreter, den US-Amerikaner Richard Duelfer. Anklang fand nach Angaben aus Delegationskreisen aber der russische Vorschlag, einen baldigen Abschluß der Atomprogramm-Inspektionen in Irak zu prüfen. Weitere Kontrollen seien aber bei ballistischen Raketen sowie den chemischen und bakteriologischen Waffen dringend nötig, erklärten die Experten. Sie sprechen sich ferner dafür aus, den multinationalen Charakter der Inspektionsgruppen mehr zu betonen.
Frankreichs Außenminister Hubert Vedrine äußerte sich positiv über die russische Initiative. Die französische Regierung sei für die Vorschläge offen und halte eine ausführliche Diskussion darüber im Sicherheitsrat für nötig, sagte er. Der Rat soll heute seine Beratungen fortsetzen. Enttäuscht äußerte sich der UNO-Botschafter Iraks, Nisar Hamdun, über den Unscom-Expertenbericht. Wenn infolge amerikanischen Drucks auf die Sicherheitsratsmitglieder die Probleme weiter ungelöst blieben, sei nicht auszuschließen, daß sich die gleiche Situation wie zuvor wieder einstelle. Zugleich kritisierte Hamdun die militärische Präsenz der USA am Golf.
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