Liebe ist der Ernstfall

■ Heute Premiere in einer Fabrikhalle: Das Stück „Herzschlägereien“von „B.E.S.T“

Im Sommer dieses Jahres schrieben die AkteurInnen des B.E.S.T. (Bremens erstes schülerübergreifendes Theater) ein Rollenporträt für sich selbst. „Da sollte drinstehen, was wir gerne auf der Bühne sein würden“, sagt Mareike, 18 Jahre und erstmals in einer B.E.S.T.-Produktion dabei. Damit sind schon grundsätzliche Besonderheiten dieses seit 1991 existierenden Schülertheaters genannt: Unter der Leitung von Karlheinz Wenzel und Jochen Schmidtmeyer werden keine Literaturstücke gespielt, sondern Themen entwickelt, Themen, die die Jugendlichen angehen. Die Suche nach dem eigenen Thema mündete diesmal ins weite Feld „Liebe“, in einem Stück namens „Herzschlägereien“. „Liebe ist der Ernstfall“, ruft Kevin, und der Regisseur Karlheinz Wenzel korrigiert die Betonung. Liebe zwischen Geburt und Tod gestalten sie, das meiste nonverbal. Unendlich lang sind die Findungsprozesse für die auch choreographische Umsetzung der Vorstellungen: Platz finden Zärtlichkeit und Brutalität und so ziemlich alles dazwischen.

Am B.E.S.T. kann jede/r mitmachen: Lehrlinge, SchülerInnen, Zivis. So gab es ein Stück zur AusländerInnenintegration, ein Stück über das Warten, eines über Einsamkeit. Zwei Tage vor der Premiere von „Herzschlägereien“läuft die Probe in wohltuender Hektik ab: In der Halle 3 der Hastedter Lloyd-Dynamowerke werden Kostüme genäht, Schuhe ausprobiert, und immer wieder die Abläufe besprochen. „Ich krieg mein Herz nicht los“, klagt Viola und deutet auf ihren rot getünchten Schwamm.

Eine der Besonderheiten des B.E.S.T. ist, daß es die Spezifik der Räume in die inhaltlichen Konzeptionen hineinnimmt. So wie sie einmal in einem teilzerstörten Schwimmbad gespielt haben, so ist diesmal eine riesige Fabrikhalle zu gestalten, in die die Zuschauer von oben hereingucken.

Täglich bis zu vier Stunden Proben, dazu das Wochenende: Was motiviert neun Mädchen und sechs Jungen zu einen solchen Einsatz? „Man findet sich selber“, sagt Lina, „das kann man gar nicht beschreiben“. Kevin möchte ausprobieren, ob sein Wunsch, Schauspieler zu werden, Realität werden kann. Und Mareike? „Was ich mache, ist etwas von mir“– ein Gefühl, was vielleicht viele ProfischauspielerInnen gar nicht mehr haben.

Unendlich geduldig hört Karlheinz Wenzel zwei Tage vor der Premiere noch immer jedem neuen Gestaltungsvorschlag zu. Wenzel, einst langjähriger Regieassistent von Kurt Hübner, versteht sein Handwerk. Entscheidet er primär nach Fragen des Niveaus, der Qualität? „Niemals. Alle können sich so einbringen, wie sie sind und was sie können. Viele bleiben von alleine weg, etwa ein Drittel bleibt am Ende übrig“, erklärt Wenzel.

Live-Musik macht die Gruppe Fusion vom Bremer Jugendring, auch sie mit einem ganz eigenen Bezug zur Fabrikhalle.

Ute Schalz-Laurenze

Aufführungen in der Halle 3 der Lloyd-Dynamowerke Hastedt (zwischen Pfalzburger Straße und Hastedter Osterdeich); 27.-29. November und 3.-7. Dezember, jeweils 20 Uhr