Das Portrait: Ein Fossil der afrikanischen Politik
■ Hastings Banda
Hastings Banda, Exdiktator von Malawi, ist im Alter von etwa 100 Jahren gestorben Foto: AP
Nach kurzer schwerer Krankheit verstarb Dr. Kamuzu Hastings Banda, Malawis Präsident auf Lebenszeit, Minister für Äußeres, Verteidigung, Justiz, Landwirtschaft, öffentliche Arbeiten, Frauen, Kinder und Dienstleistungen, auch bekannt als Ngwazi, der Eroberer.
Bis 1994, als Banda erst 96 Jahre alt war, hätte das gestimmt. Aber nun starb Hastings Banda in einem südafrikanischen Krankenhaus im geschätzten Alter von 99 Jahren als verachteter Exdiktator, der alle Titel verloren hat außer seinen britischen Ärztediplomen.
Von der Unabhängigkeit 1964 bis zur Abwahl 1994 leitete Banda sein kleines Land als Mischung aus Privatfarm und protestantisch-fundamentalistischer Utopie. Kurze Röcke und lange Haare waren verboten. Die Nachahmung viktorianischer Steife galt als Bildungsideal, die Elite des Landes wurde von weißen Lehrern in Latein unterrichtet. Menschenrechtler werfen ihm vor, in 30 Jahren Repression den Tod von 250.000 Menschen verschuldet zu haben.
Weil Banda immer treu an der Seite von Apartheid-Südafrika stand, sah der Westen ihm alles nach. Erst 1992, als die geopolitische Lage sich verändert hatte, wurde die Entwicklungshilfe gestrichen. Banda mußte demokratisieren und verlor 1994 die Macht, zehn Tage nach dem Sieg Mandelas in Südafrika. Dann wurde er des Mordes angeklagt und kam in Hausarrest. Fortschreitende Krankheit verhinderte, daß es zum Prozeß kam.
All dies unterscheidet Banda nicht von anderen afrikanischen Diktatoren. Was Banda einzigartig macht, hat der britische Autor Richard Dowden so beschrieben: „Dr. Banda ist ein Mann zweier Welten. Manche Afrikaner, wie Leopold Senghor in Senegal, tragen in ihrer Persönlichkeit beides. Dr. Banda scheint es zerrissen zu haben.“ Denn Präsident wurde Banda erst im Rentenalter – eine Art zweites Leben, nachdem er lange Zeit unspektakulär als Arzt in Schottland gelebt, während des Zweiten Weltkrieges in London praktiziert und in den fünfziger Jahren in Ghana eine illegale Abtreibungsklinik geleitet hatte. Erst danach kehrte er in seine Heimat zurück und mutierte hochbetagt von einem kultivierten anglophilen Arzt zu einem grotesken Diktator. Sein Land, extrem fruchtbar und extrem verarmt, hat sich bis heute nicht von ihm erholt. Dominic Johnson
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