: Keine Rede von Plavšićs Rücktritt
■ Internationale Gemeinschaft weist Spekulationen zurück. Stimmen der Flüchtlinge entscheiden über die Mehrheit im neuen Parlament
Sarajevo (taz) – Alle Spekulationen über einen Rücktritt der Präsidentin der serbischen Teilrepublik, Biljana Plavšić, in Bosnien- Herzegowina wurden gestern aus dem Büro des Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft (OHR) zurückgewiesen. Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erklärten erneut, die von örtlichen Wahlkommissionen vorläufig veröffentlichten Ergebnisse seien nicht offiziell bestätigt. Dazu müßten erst die Stimmen der zwölf Prozent Flüchtlinge ausgezählt werden.
Nach gestern in der Karadžić- Hochburg Pale vorgelegten Zwischenergebnissen kämen die extremistische Serbisch-Demokratische Partei (SDS) und Radikale Partei (RS) auf 33 bzw 20 Prozent der Stimmen, die Plavšić-Partei (SNS) nur auf 20 Prozent und die Sozialisten auf 12 Prozent der Stimmen. Ob der Stimmenanteil der serbischen Extremisten auch für die Mehrheit der Sitze ausreicht, ist nach Ansicht der internationalen Organisationen fraglich, da die Stimmen der im Ausland lebenden Vertriebenen die Gewichte entscheidend verschieben könnten.
Positiv bewertete der Mitarbeiter des OHR, Christian Clages, das Ergebnis. „Die Serbisch Demokratische Partei ist innerhalb von 2 Jahren von fast 90 Prozent der Stimmen auf 33 gefallen.“ Dies bedeute einen wichtigen Schritt hin zur Demokratisierung der Republika Srpska.
Unbeirrt von dem Wahlergebnis werden die Projekte zur Integration der Republika Srpska in den Gesamtstaat fortgeführt. Gestern wurde eine Messe in der Plavšić-Hochburg Banja Luka eröffnet, wo erstmals auch Firmen aus Sarajevo ausstellten. Die erste Buslinie zwischen Banja Luka und Sarajevo wurde eröffnet, ein regelmäßiger Flugverkehr verbindet wieder beide Städte. Das Parlament des Gesamtstaates diskutierte gestern eine mit dem OHR abgestimmte Gesetzesvorlage über das Staatsbürgerrecht.
Die Medien in der Republika Srpska und der bosniakisch-kroatischen Föderation sind dazu angehalten, sich Redaktionsstatute zu geben und die elementaren Regeln journalistischer Arbeit zu respektieren. Wie der Sprecher des UN- Flüchtlingshilfswerkes UNHCR, Kris Janowski, bekanntgab, seien Verhandlungen mit Banja Luka, Mrkonjic-Grad und Sipovo über den Status einer „offenen Stadt“ im Gange. Das Konzept der „Offenen Städte“ belohnt jene Orte mit internationalen Hilfsgeldern, die eine Rückkehr von Vertriebenen und deren Integration betreiben. In Mrkonjic-Grad und Sipovo hatten die Sozialisten bei den Kommunalwahlen im September die Mehrheit der Stimmen erhalten. Erich Rathfelder
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