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Das Kamel-Hologramm symbolisiert Eritreas Freiheit

■ Mit der Einführung einer eigenen Währung beendet Eritrea die letzte Koppelung an Äthiopien. Statt „Äthiopien über alles!“, prangt auf dem Geld nun Symbolik nationaler Einheit

Berlin (taz) – Es kam wie ein Überraschungsangriff: Seit Monaten war Eritreas Bevölkerung darauf vorbereitet worden, eine neue Währung zu erhalten – und dann hatte sie plötzlich nur zwei Wochen Zeit. Der eritreische Filmemacher Yonas E. aus Köln bekam gerade noch einen Platz im letzten Flugzeug, das vor Ende der größten Umtauschaktion in der Geschichte des Horns von Afrika in Eritrea landete. Gerade acht Minuten vor Mitternacht konnte er noch in der Nacht zum Sonntag am kleinen Bankschalter des Flughafens der Hauptstadt Asmara sein neun Minuten später wertloses Geld umtauschen.

Die Einführung einer eigenen Währung soll den Abschluß der Nationenwerdung Eritreas darstellen. Am 24. Mai 1991 hatte die Guerillabewegung „Eritreische Volksbefreiungsfront“ (EPLF) nach 30 Jahren Krieg die Hauptstadt eingenommen, während das äthiopische Militärregime zusammenbrach. Genau zwei Jahre später erklärte Eritrea sich nach einer Volksabstimmung formell zum unabhängigen Staat, in diesem Jahr ist ebenfalls wieder am 24. Mai eine Verfassung in Kraft getreten. Nun fehlte nur noch die währungspolitische Unabhängigkeit. Bisher zirkulierte in Eritrea immer noch der äthiopische Birr, der mit blutiger Erinnerung verbunden ist, zumal er seit dem Sturz der kommunistischen äthiopischen Militärdiktatur unter Mengistu Haile Mariam 1991 nicht verändert worden ist – die Birr-Scheine zeigen immer noch Mengistus Wahlspruch „Äthiopien über alles!“ und Äthiopien in den alten Grenzen, mit Eritrea also.

Am 8. November wurde also die seit 1952 bestehende Währungsunion zwischen Äthiopien und Eritrea formal beendet – für manche äthiopischen Nationalisten ein Trauertag. Der Termin war lange unklar, da die Verhandlungen zur Währungsumstellung mit Äthiopien sich hinzogen und darüber nichts an die Öffentlichkeit drang. Und gerade zwei Wochen Zeit – bis zum 22. November – bekam die Bevölkerung dann zum Umtausch der alten Geldscheine in die neue Währung namens „Nakfa“.

An Symbolik, die an den Kampf gegen die offiziell als „schwarze Kolonialisierung“ beschriebene äthiopische Herrschaft appellieren soll, fehlt es nicht. Der Währungsname „Nakfa“ soll an eine Stadt in Norderitrea erinnern, die während des Krieges von äthiopischen Armeen mehrfach angegriffen und zuletzt völlig zerstört worden war, aber nie erobert werden konnte. Auf jedem der sechs Geldscheine sind Frauen, Kinder und Männer aus allen Ethnien Eritreas abgebildet. In einem Hologrammstreifen flimmert das Staatswappen: Ein Kamel. Auf Kamelen hatte die EPLF-Guerilla Waffen aus Erbeutungen und Eigenproduktion über Berge und durch Wüsten transportiert. Der 10jährigen Teresa Tadesse, die auf dem 5-Nakfa-Schein abgebildete Tochter eines Freiheitskämpfers, fiel bei der Einführung der neuen Währung eine besondere Rolle zu: Dadurch, daß Präsident Isaysas Afeworki ihr feierlich einen 5-Nakfa-Schein überreichte, trat der Nakfa in Kraft. Zeitgleich kamen auch in Äthiopien neue Geldscheine in Umlauf.

Das neue, in München gedruckte eritreische Geld wurde zum Kurs 1:1 in Umlauf gebracht. Die Botschaft: An den Preisen ändert sich nichts, es herrscht Verläßlichkeit. Das wird noch unterstrichen durch farbliche und zeichnerische Anlehnungen des Nakfa an den US-Dollar. Konten werden ohne Einschränkung umgestellt, es gibt keine Umtauschgebühr. In allen Landesteilen, auch in den heißen Sandwüsten an der Grenze zum Sudan, waren insgesamt 88 „Barfußbanken“ eingerichtet worden, um Kleinbauern und Nomaden dazu zu bringen, Konten zu eröffnen.

Ausländer mußten die Herkunft von Geldern, die sie bar umtauschen wollten, nachweisen. Damit wirft Eritrea unliebsame Geschäftemacher aus dem Rennen – ein Nebeneffekt, der auf der Linie der „Eritreanisierung“ der Wirtschaft im Zuge der unübersehbaren Abschottung Eritreas gegenüber dem Ausland steht. Wolde Smidt

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