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Gespannt auf Entspannung

Drogenszene Hauptbahnhof: SPD Mitte kritisiert Öffnungszeiten des neuen Drob Inn. Gitter soll Junkies von Stammplatz vertreiben  ■ Von Silke Mertins

Schäfchenwolken auf blauem Grund, bunte Figuren und ein Mondgesicht: Die freundliche Fassade des neuen Drob Inn auf dem Grundstück des ehemaligen Automuseums wirkt wie eine Trotzreaktion auf die unwirtliche Lage zwischen der vierspurigen Kurt-Schumacher-Allee und den Bahngleisen. Noch am Wochenende wurde im Café gewerkelt, denn heute soll der Betrieb losgehen.

Nach langem Streit um den Umzug der Drogenhilfeeinrichtung Drob Inn – vor allem um die Kosten – besteht nun endlich Hoffnung auf Entspannung in der Drogenszene am Hauptbahnhof. Die größeren Räumlichkeiten bieten nicht nur Platz für das bisherige Beratungsangebot, Überlebenshilfe, Spritzentausch und medizinische Versorgung. Zusätzlich wird es nun in unmittelbarer Nähe zur Szene einen Gesundheitsraum geben. Spätestens zum Jahresende soll auch diese Fixerstube eröffnet werden, so Peter Möller vom Drob Inn.

Mit dem breiteren Hilfsangebot entsteht allerdings stärkerer Repressionsdruck am Hachmannplatz, der Flaniermeile der Drogenszene direkt vor dem Hauptbahnhof. Denn auch der rot-grüne Koalitionsvertrag bekennt sich dazu, daß „repressive Maßnahmen, vor allem zur Bekämpfung des Drogenhandels, unverzichtbar“sind, sofern sie von einem ausreichenden Hilfsangebot flankiert werden.

Obwohl die Fixerstube noch gar nicht geöffnet ist, hat der Bezirk nun bereits Umbaumaßnahmen in Angriff genommen. Das Mäuerchen am Hachmannplatz, Sitzgelegenheit für Abhängige, wurde mit Gittern abgesperrt. In der Konsequenz steht die Szene jetzt näher an den Eingängen zum Bahnhof; nicht gerade der erwünschte Effekt. Der Bezirk will darüber hinaus dafür sorgen, daß die Tunnelanlagen, in denen nicht nur Drogengeschäfte stattfinden, sondern auch konsumiert wird, umgestaltet werden.

„Wenn alle Maßnahmen greifen“, so der Hamburger Drogenbeauftragte Horst Bossong, „ist eine Entspannung denkbar“. Zu dem Maßnahmenkatalog zählt Bossong die aufsuchende Sozialarbeit, Drogenhilfe, eine Umgestaltung des Bahnhofsgeländes und polizeilichen Druck.

Derweil sieht die SPD Mitte das Konzept schon jetzt zum Scheitern verurteilt. Grund: die Öffnungszeiten des Drob Inn von 13 bis 19 Uhr, sonntags geschlossen. „Wer sich diese Öffnungszeiten ausgedacht hat, will das Chaos“, empört sich der Fraktionschef der SPD Mitte, Markus Schreiber. „Drogensucht läßt sich nicht auf einen Nachmittag beschränken.“Schreiber verweist auf den Koalitionsvertrag, der bedarfsgerechte Öffnungszeiten vorsieht. „In anderen Städten gibt es tägliche Öffnungszeiten von 6 bis 24 Uhr!“so Schreiber.

Bossong kann indes nur darauf verweisen, daß es mehr Geld für eine Ausweitung nicht gibt. Außerdem forderten andere, etwa die Schwerhörigenschule in der Nachbarschaft des Drob Inn, sogar spätere Öffnungszeiten. Deshalb will er nun „alle Interessensgruppen an einen Tisch bringen“.

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