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Die Plastikquote als Papiertiger

■ Wie schon 1995 hat der Grüne Punkt auch 1996 die vorgeschriebenen Quoten für drei Bereiche verfehlt. Umweltverwaltung will Zulassung nicht entziehen, sondern hofft auf bessere Zukunft

Der Grüne Punkt darf weiterhin ungestraft hinter seinen Versprechungen und Anforderungen zurückbleiben. Im vergangenen Jahr hat der Berliner Lizenznehmer des Dualen Systems, „Die Andere Systementsorgungsgesellschaft“ (DASS), wie schon im Jahr 1995 in drei Fällen die erforderlichen Quoten der Verpackungsverordnung nicht erfüllt. Dennoch will die Umweltverwaltung der DASS nicht die Zulassung entziehen. Das geht aus einer bislang nicht veröffentlichten Vorlage des Senats an das Abgeordentenhaus hervor.

Der „Mengenstromnachweis“ für 1996, mit dem die Erfüllung der Sammel- und Sortierquoten überprüft wird, weist dem DASS stark gesteigerte Leistungen nach. Demnach wurden für Glas, Papier und Verbundstoffe die Quoten für Sammlung und Sortierung erreicht. Doch bei den drei Problemfraktionen Kunststoff, Weißblech und Aluminium erreicht das Duale System wie bereits 1995 die erforderlichen Quoten nicht: Statt 80 wurden nur 72 Prozent aller Kunststoffe erfaßt; statt wie gefordert 80 wurden bei Weißblech nur 76 Prozent gesammelt; und statt geforderter 90 Prozent wurden vom gesammelten Aluminium nur 85 Prozent verwertet.

Paradoxerweise hilft dem Dualen System jetzt seine Nachlässigkeit in der Vergangenheit. Denn obwohl die 1996er Quoten verfehlt werden, sieht die Umweltverwaltung eine Entwicklung zum Besseren, die sich im Vergleich zum Vorjahr in einer Steigerung um etwa 30 Prozent bei der Sammlung von Kunststoff und Weißblech ausdrückt. Mit dieser Verbesserung der Situation argumentiert die Umweltverwaltung, um dem Dualen System nicht die Freistellungserklärung und damit die Grundlage seiner Existenz zu entziehen. Das ist im Falle der nicht erfüllten Quoten nach der Verpackungsverordnung möglich und wurde so in der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und CDU Anfang 1996 festgeschrieben.

Laut Vorlage an das Abgeordnetenhaus orientiert sich der Senat nun nicht mehr an den Quoten aus der Vergangenheit, sondern an einer Prognose für die Zukunft: „Die deutlichen Mengensteigerungen und ein Optimierungskonzept lassen den Schluß zu, daß 1997 weitere Quotensteigerungen erreicht werden können.“ Das setzte die verstärkte Sammlung von Kunststoffen und Werbekampagnen voraus, die DASS mit der Umweltverwaltung vereinbart hat. Alle drei Monate soll der Erfolg dieser Maßnahmen kontrolliert werden, schlägt die Umweltverwaltung vor. „Bei einer Gesamtbetrachtung ist der Senat der Auffassung, daß kein Widerrufsverfahren eingeleitet werden sollte.“

Das Verfehlen der Quoten war schon im letzten Jahr vom Umweltausschuß kritisiert worden. Nach Angaben des BUND kassiert DASS allein in Berlin über den Grünen Punkt auf den Verpackungen 40 Millionen Mark jährlich zuviel, weil für das Geld der Verbraucher bei Nichterreichen der Quoten keine adäquate Gegenleistung erbracht werde. Bernhard Pötter

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