Mitarbeiter nach Konkurs: Nur ein Taschengeld
■ Stahlbau-Gruppe Rönner freigekauft
Was soll denn das?“Die rund 50 ehemaligen Beschäftigten der Firma Rönner in Bremerhaven, die in dieser Woche zur Gläubigerversammlung des vor zwei Jahren in Konkurs gegangenen Stahlbau-Unternehmens gekommen waren, zeigten sich irritiert. Da waren sie nun extra persönlich erschienen, um den Vergleichsvorschlag des Gerichts zu ihren Forderungen zurückzuweisen – und nun ließ man sie gar nicht mitstimmen.
Rund drei Millionen Mark beträgt die Gesamtsumme, die die Gläubiger von der Rönner-Gruppe fordern. Das Arbeitsamt macht 2,5 Millionen Mark für gezahlte Konkursausfall- und Arbeitslosengelder geltend, zweitgrößter Gläubiger sind die Krankenkassen mit 300.000 Mark. 250.000 Mark wollen die Ex-Beschäftigten: Als Rönner Konkurs anmeldete, hatten sie sich geweigert, freiwillig zu kündigen und darauf bestanden, daß die übliche Frist eingehalten würde. Jetzt fordern sie die Differenz zwischen Arbeitslosengeld und vollem Lohn.
Erst nachdem bekannt geworden war, daß Rönner noch kurz vor der – schon absehbaren – Zahlungsunfähigkeit 1,5 Millionen Mark von den Firmenkonten an andere Unternehmen seiner Gruppe überwiesen hatte, hatten sich Rönners Rechtsanwalt Henning Hübner und Konkursverwalter Spötter auf einen Vergleichsvorschlag geeinigt. 300.000 Mark, also gerade mal ein Zehntel des geforderten Betrags, sollten in die Konkursmasse zurückgezahlt werden, um dann an die Gläubiger verteilt zu werden. Mehr, so Hübner, könne sich sein Mandant nicht leisten, ohne daß die „anderen Firmen auch zahlungsunfähig“würden.
„Rönner hat das Geld“, glaubt IG-Metall-Sekretär Hans-Werner Schmolke. Der Unternehmer wolle lediglich Druck ausüben. „Für uns stand nur in Frage: Macht das Arbeitsamt mit, oder läßt es sich mit der Drohung erpressen, daß noch mehr Arbeitsplätze gefährdet seien?“
Das Gericht wollte das dagegen offenbar gar nicht wissen und ließ – anders als bei der ersten Gläubigerversammlung vor einem Jahr – lediglich das Finanzamt und die Eiswerke GmbH zur Abstimmung zu, denen insgesamt gerade mal 65.000 Mark aus der Konkursmasse zustehen. Und die entschieden sich für den Vergleich.
„Es ist doch nicht nachvollziehbar, warum die Hauptgläubiger keine Stimme haben sollten“, empört sich Schmolke. Die IG Metall prüft nun, ob das Verfahren juristisch einwandfrei ist. Wenn der Vergleich tatsächlich zustande komme, bleiben den Ex-Beschäftigten „nicht mehr als vielleicht 100 Mark“. Allzuviel Hoffnung hat Schmolke nicht: „Das Konkursrecht ist für die Kapitalseite gemacht.“ bw
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