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Boris Jelzin unpäßlich

■ Rußlands Präsident hat sich erkältet und liegt im Sanatorium – heißt es von offizieller Seite

Moskau (taz) – Den russischen Präsidenten hat es wieder erwischt. Gestern meldete die russische Nachrichtenagentur Interfax, der Kreml-Chef sei mit einer Erkältung in ein Sanatorium eingeliefert worden. Das Präsidialamt lehnte zunächst jede Stellungnahme ab und verwies auf Jelzins Pressesprecher Sergej Jastrschembski, der seinerseits vorübergehend nicht aufzufinden war. Mit erheblicher Verzögerung räumte die Präsidialverwaltung schließlich ein: „Das Staatsoberhaupt hat eine Erkältung. Nach Meinung der Ärzte wird sich der Präsident zehn bis zwölf Tage im Sanatorium aufhalten müssen.“ Die letzte „Erkältung“ des Präsidenten war im Januar bekanntgegeben worden – sie hatte sich schließlich als deftige Lungenentzündung erwiesen.

Im Unterschied zu seinen Vorgängern hatte Jastreschembski allerdings eigentlich in der Vergangenheit keine Geheimniskrämerei um den Gesundheitszustand seines Herrn betrieben. Vielmehr gehörte er zu jenen, die im Herbst vergangenen Jahres den Präsidenten dazu überredeten, das Herzleiden öffentlich einzugestehen. Im darauffolgenden November unterzog sich Jelzin einer Herzoperation, die erfolgreich verlief.

Während eines Staatsbesuchs in Schweden vergangene Woche gab der Auftritt Jelzins jedoch Anlaß zu neuen Spekulationen über sein Befinden. Weil er ruhebedürftig war, mußte die Unterzeichnung eines Abkommens verschoben werden. Jelzin benutzte danach einen Fahrstuhl, statt, wie geplant, den kurzen Weg über die Treppe zu nehmen.

Für weitaus größeres Befremden sorgte allerdings, wie der Präsident auf Fragen der Presse einging: Jelzin wirkte, als sei ein Computer mit den falschen Daten gefüttert worden. Selbst nach Intervention Jastrschembskis, der Jelzin ins Ohr flüsterte, fuhr der Kreml- Chef fort, seinen begonnenen Text abzuspulen. „Hab' verstanden“, raunzte er den Pressesprecher zwar an, ließ sich aber nicht darauf ein, das Programm zu wechseln. Wie schon beim Treffen mit dem chinesischen Parteichef im Oktober brachte er Länder und Gäste durcheinander. Den Chinesen verpflanzte er nach Japan. In Schweden wähnte er sich manchmal beim finnischen Nachbarn.

Die Kommentare nach dem Besuch ließen es an Deutlichkeit nicht fehlen: ausgelaugt, abwesend, desorientiert und unkonzentriert. Der Präsident hat sich offenbar übernommen. Die Erfahrung lehrt: er wird einige Wochen dem Kreml fernbleiben. Klaus-Helge Donath

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