: Der Höhenluft entwöhnt
■ Der FC St. Pauli präsentiert sich beim 1:2 gegen den 1. FC Kaiserslautern endlich als ernsthafter Klassenerhaltskandidat Von Folke Havekost
Als der FC St. Pauli im März in Kaiserslautern 2:4 verlor, war das Ergebnis dieses Pokalspiels gänzlich unbedeutend. Die zweitligamüden Pauli-Fans feierten ob der gefälligen Vorstellung ihrer Kicker die Initiation in den Elitenkreis, die Lauterns Coach Friedel Rausch damals gönnerhaft verkündete.
Am Dienstag abend, ein knappes halbes Jahr später und nach dem ersten Dämpfer für St. Pauli, ähnelten sich die Bilder. Friedel Rausch wünschte dem Gastgeber „ab jetzt alles Gute“, und Uli Maslo gab respektvoll zu bedenken, „wer da bei Kaiserslautern auf dem Zettel steht“ – so riesig mag der Unterschied zwischen dem Tabellensechzehnten Lautern und den auf Platz zwei herumtapsenden Paulianern sein, wenn es eine 1:2-Heimniederlage zu erklären gilt.
Die großen Namen vom Betzenberg standen jedoch die meiste Zeit nur auf dem Papier. Ohne Glanz, aber mit der intelligenteren Spielanlage nutzte der FCK die ihm gebotenen Chancen. Pavel Kuka hielt einmal den Fuß (24.) und einmal den Kopf (37.) hin, und schon mußten ortsansässige Druckereien sich weitere Fan-Aufträge, die Tabelle auf T-Shirts zu verewigen, abschminken.
Auch wenn der Aufsteiger nach der Pause beinahe noch die Konjunktur belebt hätte. Ralf Beckers Paß nach 59 Minuten schob Jouri Savitchev gekonnt zum Anschlußtor in die Maschen – doch das war bereits der Höhepunkt paulianischer Gefährlichkeit. Am Ende fehlte weniger die Kraft als vielmehr die Konzentration, um die kompakte Lauterer Abwehr ein zweites Mal zu überlisten.
Die eigene, jede Minute dünner werdende, Höhenluft hechelnd, versuchten die Maslo-Kicker sogar Kombinationen statt der üblichen Verzweiflungs-Fernschüsse. Doch hier zeigte sich, daß Carsten Pröpper trotz bisweilen aufflackernden Geschicks noch längst nicht zum Erstliga-Regisseur herangereift ist. So präsentierte sich der FC St. Pauli nach dem Ausflug an die Tabellenspitze erstmals als ernsthafter Kandidat für den Kampf um den Klassenerhalt. Zwei Schwachstellen zum Verlust gegen ein mittelmäßiges Bundesligateam reichten, weil in der Eliteklasse „jeder Fehler gleich bestraft wird“ (Maslo). Christian Springer und Michel Dinzey konnten sich nicht auf die Bewachung Frank Greiners einigen, dessen Hereingabe zum 0:1 die Niederlage einleitete; Paul Caliguiri war mit Kuka ähnlich überfordert wie Dieter Schlindwein vor Jahresfrist, als der Tscheche beim 6:1-Testspielsieg am Millerntor viermal traf.
So schlimm wurde es heuer nicht, woran auch der Trainer gedacht haben mochte, als er einen zu erwartenden Leistungseinbruch verneinte: „Wir sind ja“, befand Maslo, „nicht untergegangen“ .
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