■ Betriebsfeiern: Seelenmassage
„Bloß kein Durcheinander der Sentimentalitäten“, sagt meine Schwester immer: Eine Betriebsfeier mit Weihnachtsstimmung sei eine hochexplosive Mischung. Das Berliner „Hotel Castell“feierte immer „Bei Paolo“schräg gegenüber. Erst wurde getafelt, dann geflirtet – am Ende weinte immer irgendwer. Ich nicht. Ich war die Aushilfe und mußte zum Nachtdienst zurück ins Hotel. Prompt brannte das Nebenhaus ab, und alle Gäste mußten evakuiert werden.
Betriebsfeiern zu Weihnachten sollte man den Profis überlassen. Das wissen natürlich auch die moralischen Anstalten im Dorf: die Theater, die professionellen Spaßmacher, die Freizeitgesellschafter Bremens. Auf Zeitverzögerung setzt das Theater am Goetheplatz. Der Vorschlag: Die Erfahrung von Furcht und Mitleid beim Theater-Besuch; nach der Seelenreinigung ab ins Foyer ans kalte Buffet. Dann ist die Luft raus. Für Hartgesottene gibt's noch einen Zusatzservice: Die Anwesenheit eines Schauspielers, der notfalls anstelle des Chefs geopfert wird.
Die Alternative zur Seelenmassage hat sich jetzt das Reiseunternehmen Tourist Union International (TUI) einfallen lassen. Just zur Weihnachtszeit schickt das Freizeitkommando seine Masseure in die Bremer Reisebüros zur individuellen Bearbeitung des Mitarbeiterstabs. Vorgeschobener Grund: Die Produkteinführung des neuen Gesundheitskatalogs. Das Ziel ist durchsichtig. Die Macht des weihnachtlichen Kollektivs muß gebrochen werden. Weitere, erhellende Auskünfte erteilt „Joke, Veranstaltungsservice GmbH“. ritz
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