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Zeugen widerrufen

■ Russische Lyrikerin wird nicht freigelassen

Moskau (taz) – Eine neue Verhandlungsrunde gegen die wegen Drogenhandels angeklagte junge russische Lyrikerin Alina Wituchnowskaja hat am Donnerstag zu einem unerwarteten Ergebnis geführt. Zuerst widerriefen alle Zeugen der Anklage ihre Aussagen. Daraus zog das Gericht allerdings nicht die Konsequenz, Wituchnowskaja freizulassen oder wenigstens gegen Auflagen auf freien Fuß zu setzen. Es ordnete vielmehr ihre gerichtspsychiatrische Untersuchung im berüchtigten Serbski- Institut an. Diese Prozedur kann bis zu drei Monaten dauern. Die Angehörigen der jungen Frau befürchten nun, daß sie Selbstmord begehen könnte.

Zu Beginn dieses Prozesses, der bereits in sein viertes Jahr geht, hatte die Dichterin schon einmal zwölf Monate Untersuchungshaft in dem für seine menschenunwürdigen Bedingungen bekannten Butyrka-Gefängnis verbracht. Nach ihrer Freilassung unterzog sie sich freiwillig einer Psychotherapie. Die ganze Zeit über wurde sie vom Geheimdienst FBS unter Druck gesetzt.

Im Oktober dieses Jahres wurde sie erneut verhaftet. Vorgestern gestanden die vier Hauptzeugen nun, ihre Aussagen aus den Jahren 1994 bis 1995 seien ihnen von einem Geheimdienstoffizier diktiert worden.

Viele russische Intellektuelle und der russische PEN-Club haben sich mit Wituchnowskaja solidarisiert. „Wenn Alina während dieses Prozesses etwas passiert“, sagte der bekannte Schriftsteller Andrej Bitow schon im Jahre 1995, „dann wird das kein Selbstmord sein, sondern Mord.“ Barbara Kerneck

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