Die Opposition spalten

■ Birmesische Militärs versuchen, einen Keil in die Nationale Liga für Demokratie zu treiben

Bangkok (taz) – Ist Birmas Opposition gespalten? Gibt es in der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) Widerstand gegen die Dissidentin Aung San Suu Kyi? Diesen Eindruck versuchte in den vergangenen Tagen die birmesische Militärjunta zu erwecken.

Die Generäle erklärten am Freitag, der Stellvertretende Vorsitzende der NLD, Kyi Maung, sei zurückgetreten, weil er sich mit Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi gestritten habe. Der 77jährige, der seit Jahren Seite an Seite mit Suu Kyi auftritt, sei mit deren „konfrontativer Haltung gegen die Regierung“ und ihrem „diktatorischen Stil“ nicht einverstanden, behauptete die Junta.

Führende Mitglieder der NLD wiesen diese Behauptung als völlig „grundlos“ und als „gemeine Lüge“ zurück. Die Partei habe den alten Mann nur gebeten, sich mehr zu schonen, da er in der jüngsten Zeit „sehr leicht erschöpft ist“, sagte der zweite Vize-Vorsitzende der Organisation, Tin Oo, am Samstag in Rangun.

Kyi Maung gehört zu den populärsten und aktivsten Oppositionellen. Bei den Wahlen 1990 wurde er ins Parlament gewählt. Doch die Junta erkannten die Abstimmung nicht an. Statt dessen warfen sie Maung für fünf Jahre ins berüchtigte Insein-Gefängnis von Rangun. Seither wurde er noch zwei Mal für kurze Zeit verhaftet, zuletzt verhörte ihn die Polizei 1996 über seine Rolle bei den Studentendemonstrationen Ende vorigen Jahres.

Die Junta versucht offensichtlich, einen Keil in die Opposition zu treiben. Sie hat mehrfach erklärt, sie sei zu Gesprächen mit der NLD bereit — allerdings dürfe Suu Kyi nicht dabei sein. Außerdem haben die Militärs die Zügel scharf angezogen, nachdem Aung San Suu Kyi vor einigen Wochen ein Parteibüro in einer Vorstadt von Rangun besuchen durfte. Soldaten hinderten sie kürzlich, das Haus zu verlassen, der Geheimdienst erschwert den Kontakt zwischen NLD-Mitgliedern und kappt Telefonleitungen.

In der vergangenen Woche verurteilte das Militärregime, das sich jüngst in „Staatsrat für Frieden und Entwicklung“ (SPDC) umbenannte, sieben NLD-Mitglieder zu sechs bis acht Jahren Haft. Sie waren festgenommen worden, als sie den Besuch von Aung San Suu Kyi in lokalen Parteibüros vorbereiteten. Zu den verurteilten NLD-Abgeordneten gehört Dr. Than Nyein, der Schwager des mächtigen Chefs des militärischen Geheimdienstes und zweiten Sekretärs der SPDC, General Khin Nyunt. Während die Junta versucht, die Opposition zu spalten, hat sie offenkundig selbst mit internen Spannungen zu kämpfen. Überraschend lösten die Militärs vergangene Woche ihr 14köpfiges Beratergremium wieder auf, das erst knapp einen Monat zuvor für ehemalige hohe Offiziere und Regierungspolitiker geschaffen worden war. Gegen mehrere frühere Minister laufen Korruptionsverfahren. Jutta Lietsch