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■ Vergessene Geschichte von zwei deutschen Handels-U-Booten
Eine „friedliche Kriegswaffe“nannte das Bremer Tageblatt im Kriegsjahr 1916 das U-Boot „Deutschland“. Ein Widerspruch in sich – und doch war die „Deutschland“das erste und einzige Handels-U-Boot in der Geschichte der submarinen Seefahrt. Zweimal durchbrach das U-Boot die englische Seeblockade und holte kriegswichtige Rohstoffe aus den noch neutralen USA. Vielleicht noch kriegswichtiger aber war der spektakuläre Erfolg gegen die Briten, die „Herren der sieben Meere“. Mannschaft und Kapitän des erfolgreichen Blockadebrechers wurden seinerzeit in Bremen groß gefeiert. An den Volkshelden Paul König, der einige Jahre in Bremen wohnte, erinnern noch der Oberneuländer Kapitän-König-Weg und mehrere Bronzeplatten in der Stadt, eine am Rathaus. Die bizarre Geschichte des zivilen U-Bootes „Deutschland“haben der Bremer Journalist Hartmut Schwerdtfeger und der Zürcher Ingenieur Erik Herlyn aufgeschrieben.
Die Idee hatte ein Bremer Kaufmann, der wieder Überseehandel treiben wollte, und die Firma Krupp, die in Amerika Ware liegen hatte, gleichzeitig: Die englische Seeblockade, deretwegen die gesamte deutsche Handelsschiffahrt darniederlag, mittels eines Transport-U-Bootes zu unterlaufen.
Zu diesem Zweck wurde in Bremen eigens die „Deutsche Ozean Rhederei“gegründet, die von der Germania Werft in Kiel zwei übergroße, unbewaffnete U-Boote bauen ließ. Das eine, die „Bremen“, verschwand während der ersten Reise spurlos. Die „Deutschland“jedoch tauchte unter allen Schlachtschiffen durch und erreichte im Juni 1916 die Chesapeak Bay, wo die Amerikaner vollends aus dem Häuschen waren über den Seemeilen-Weltrekord eines U-Bootes. Man lieferte 750 Tonnen Farbstoff und Arzneien ab und nahm dafür Kautschuk und Nickel an Bord. Die Briten schäumten, konnten aber auch eine zweite Amerikafahrt nicht unterbinden. Doch alle deutschen Pläne einer kleinen Handels-U-Boot-Flotte waren mit einem Schlag Makulatur, als die USA in den Krieg eintraten. Die „Deutschland“und eine soeben fertiggestellte „Oldenburg“wurden von der deutschen Kriegmarine beschlagnahmt.
Kein Jahr währte die Geschichte der deutschen Handels-U-Boote. Sie ist spannend geschrieben von Leuten, die etwas von der Seefahrt verstehen. Das Buch darf übrigens ohne Gewissensnöte auch von Kriegsdienstverweigerern zur Hand genommen werden. BuS
Hartmut Schwerdtfeger/Erik Herlyn: Die Handels-U-Boote „Deutschland“und „Bremen“. Ein vergessenes Kapitel der deutschen Seefahrt. KSZB-Verlag Bremen, 144 S., 74 Abb., 34,80 Mark
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