: Ruf nach dem Anschluß Österreichs
■ ... ans Münchner Fernsehkabel. Wo bislang Österreichs ORF 1 Privatfernsehschmankerl werbefrei zeigt, soll bald Funkstille herrschen
Volkes Zorn ist geweckt: „Keine Macht den Medienmogulen!“ rufen die Menschen in der Münchner Abendzeitung, und eine Starnbergerin dichtet: „Der Euro, ja, der soi scho kemma, aber's ORF 1, des woins uns nemma!“ Von Bayerns Leserbriefschreibern ist noch Dolleres zu befürchten: die Forderung nach dem Wiederanschluß Österreichs – ans Kabel.
In Teilen Bayerns und Baden- Württembergs wird Österreichs ORF ins Kabel eingespeist. Nun will er sich mit ORF 1 zurückziehen und hat den Vertrag mit der Telekom und anderen Kabelnetzbetreibern gekündigt.
Hintergrund ist die harte Konkurrenz im Rechtehandel. Denn das Abendprogramm von ORF 1 gleicht oft dem deutscher Privatsender. „Anna-Maria“ lief hier gleichzeitig, nur schneller und werbefrei, auch „Kommissar Rex“ macht in Österreich keine Pinkelpause, und „Der mit dem Wolf“ tanzt durch bis morgen früh, ebenso bietet der Ösi Fußballspiele, die es hierzulande nur gegen Geld bei Premiere gibt. „Kampfprogrammierung“, schimpfte Helmut Thoma von RTL, und noch dazu sei es juristisch nicht ganz koscher. Wenn der ORF, der millionenteure Senderechte für seine Heimat kauft, auch in ihren Revieren zu sehen sei, so die Piefke-Funker, mache er ihnen die schönen Werbeeinnahmen kapputt – die Rechte seien weniger wert.
Sat.1 will daß beim Kauf von Lizenzen durchsetzen, daß ausländische Sender erst später senden dürfen. Das wiederum kann sich der ORF nicht leisten: immerhin empfangen 73,3 Prozent der TV-Haushalte in Österreich die deutschen Privatsender. Weil der ORF aber keine „Nachspielorganisation“ der Privaten sein will, bleibt ihm nur eins: der Rückzug. Solange die Telekom-Juristen die Kündigung prüfen, wird aber unter Wehklagen der Privatfunker noch eingespeist.
Oberprivatfunkfunktionär und Sat.1-Boß Jürgen Doetz beklagt „Einbußen, die private Fernsehsender in Deutschland aufgrund der Parallelprogrammierung des ORF erleiden“. Wer sich dann bei RTL oder Sat.1 nach konkreten Verlusten erkundigt, muß geduldig sein: die Berechnung sei sehr schwierig, der eventuelle Reichweitenverlust in Süddeutschland wirke sich höchstens langfristig auf die bundesweit berechneten Werbepreise aus.
Von Sat.1 ist gar zu hören, das Problem beschränke sich nur auf Sport und Spielfilm. Die hauseigenen Serien verbinde der Zuschauer sowieso mit dem Sender und schalte sie deswegen auch nur dort ein. Stefan Kuzmany
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen