: Studenten für Volksbegehren
■ Bayerisches Hochschulgesetz soll verhindert werden, weil es der Wirtschaft zuviel Einfluß gäbe. Landesweite Initiative gegründet
Berlin (taz) – Mit einem Volksbegehren wollen bayerische Studierende das Landeshochschulgesetz kippen. Das umstrittene Gesetz, das diese Woche in erster Lesung im Landtag behandelt wurde, wird derzeit in den Ausschüssen beraten. Die Initiative „Voksbegehren Bayerisches Hochschulgesetz“ wurde Ende letzter Woche durch Studierende von 11 der 42 Hochschulen Bayerns in Würzburg gegründet. Nach Angaben der Initiatoren, StudentInnen der juristischen Fakultät an der Uni Würzburg, findet das Volksbegehren bis auf zwei Ausnahmen Unterstützung an sämtlichen Hochschulen des Landes. Abgelehnt wird in erster Linie die geplante Einführung eines Hochschulrats, der aus fünf uniexternen Mitgliedern bestehen soll. Die StudentInnen befürchten, daß die Hochschulen so von Wirtschaftsinteressen dominiert werden. „Dieser Hochschulrat hat sämtliche Geschicke der Uni in der Hand, obwohl er nicht demokratisch legitimiert ist“, erklärt Thorsten Müller, einer der Initiatoren. Die StudentInnen fordern mehr Mitbestimmung in den Uni-Gremien und eine verfaßte Studentenschaft. Abgelehnt wird die geplante Einführung von Studiengebühren beim Zweitstudium. Dort sollen nach Plänen der Landesregierung künftig 800 bis 1.200 Mark pro Semester erhoben werden.
Namhafte Juristen wollen die StudentInnen bei ihrem Volksbegehren beraten. Auch ein ehemaliger Richter am Bayerischen Verfassungsgerichtshof, der SPD- Landtagsabgeornete und frühere Münchner Bürgermeister Klaus Hahnzog, hat seine Hilfe angeboten. Unterstützung erhalten die StudentInnen auch von den Oppositionsparteien im Bayerischen Landtag. SPD und Grüne lehnen den Gesetzesentwurf ebenfalls ab und überlegen, sich dem Volksbegehren der StudentInnen anzuschließen. Die Hochschulexpertin der bayerischen SPD, Dorle Baumann, nennt das Gesetz „keine echte Reform“ und will eine eigene Popularklage anstrengen. Sie fordert eine Studienreform, die mehr Rücksicht auf jene StudentInnen nimmt, „die ihren Lebensunterhalt selbst verdienen müssen“. Die SPD fordert einen Globalhaushalt für die Universitäten, damit diese möglichst unabhängig mit öffentlichen Geldern wirtschaften können. Baumann: „Die dadurch erzielten Einsparungen müssen aber auch den Hochschulen zugute kommen.“
Die Grünen bezeichnen das Volksbegehren als „aufregende Perspektive“. Volker Hartenstein, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen, sieht „inhaltlich große Übereinstimmung“ zwischen den Forderungen der Studierenden und denen seiner Partei. Eine grüne Unterstützung der Initiative hält er deshalb für „sehr naheliegend“.
Die Grünen kritisieren ebenfalls das Vetorecht des Hochschulrats, „eines wirtschaftsdominierten Gremiums“. Statt mehr Autonomie für die Universität schüfe dies nur eine „neue Abhängigkeit“. Statt dessen fordert Hartenstein ein Leitungsgremium, in dem auch die Studierenden und die wissenschaftlichen Mitarbeiter stimmberechtigt sind. Zudem plädiert er für eine verbindliche Frauenförderung und einen Verzicht auf Gebühren beim Zweitstudium. Diese bedeuteten einen „ersten Schritt in Richtung allgemeiner Studiengebühr“. Statt dessen müßten Studierende aus einkommensschwachen Bevölkerungsschichten sozial abgesichert werden.
Die StudentInnen freuen sich über die Unterstützung. Thorsten Müller: „Wir brauchen Bündnispartner.“ Um ein Volksbegehren in Gang zu bringen, benötigen die StudentInnen zunächst die Unterschriften von 25.000 UnterstützerInnen. Danach müssen sich innerhalb von 14 Tagen 10 Prozent der Wahlberechtigten in Bayern in die Abstimmungslisten eintragen. Das sind etwa 900.000 Menschen. Die Organisatoren rechnen mit einem Finanzaufwand von einer Million Mark, die von einem neu gegründeten Trägerverein aufgebracht werden soll. Noel Rademacher
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