„Angriff auf Hildebrandt nicht vermittelbar“

■ Warum ist die PDS so still? Rolf Kutzmutz (PDS) zu den SPD-Skandalen in Brandenburg

taz: 1993 unterlagen Sie im Potsdamer OB-Wahlkampf gegen Horst Gramlich (SPD). Treten Sie noch mal an?

Rolf Kutzmutz: 1993 haben manche in der PDS eine Kandidatur gegen Gramlich als Abenteuer gesehen, heute gibt es vielleicht sogar ein oder zwei Bewerber aus der PDS. Was mich persönlich betrifft: Wenn es diese Gelegenheit gibt, werde ich für Potsdam noch mal antreten – selbst wenn die Wahlperiode planmäßig zu Ende ginge.

Warum ist die PDS dann so zögerlich, die Absetzung von Herrn Gramlich zu betreiben?

Ich gehe davon aus: Das, was bisher gegen Gramlich vorliegt, reicht nicht aus, um ein Abwahlverfahren durchzuziehen.

Aber das ist doch ein kurioser Zustand: daß Sie als jemand, der bereit ist, gegen Herrn Gramlich anzutreten, gleichzeitig sagen, es gibt keinen Grund für Herrn Gramlich, seinen Posten zu verlassen.

Nach den moralischen und politischen Gesichtspunkten gibt es für Oberbürgermeister Gramlich und für Baustadtrat Kaminski einen Grund. Kaminski hat ganz offensichtlich eine Bank bevorteilt, mit der er selbst einen Geschäftsvertrag hatte. Gramlich hat seiner ersten Auskunft zufolge davon gewußt und ihn davor gewarnt. Heute heißt es, er könne sich nicht mehr daran erinnern.

Jetzt haben Sie mich aber verwirrt. Gerade sagten Sie, es gebe keinen Grund für Herrn Gramlich, zurückzutreten. Jetzt sagen Sie, der politische und moralische Grund sei gegeben. Ist Gramlich also in den Tintentopf der Immobilienaffäre eingetunkt oder nicht?

Also, ich meine, er ist zumindest zur Hälfte schon drin. Weil sich seine erste und seine zweite Aussage zumindest widersprechen.

Und die Hälfte, die er noch sauber ist, reicht aus, daß er im Amt bleiben darf?

Das hängt doch nicht davon ab, ob ich etwas will. Ich muß es doch auch entsprechend untersetzen können. Und da reicht mir das Material im Moment noch nicht aus.

Ihre Zurückhaltung bei Gramlich erinnert an die PDS-Position in Brandenburg. Dort ist die SPD- Ministerin Hildebrandt in Bedrängnis, und wieder zeigt sich die PDS vornehm. Oder gibt's einen Unterschied zwischen den beiden?

Herr Gramlich kommt bei keiner Umfrage über beliebte Politiker unter die ersten zwanzig. Frau Hildebrandt schwebt immer auf den Plätzen 3 bis 5, egal was sie anstellt. In der Öffentlichkeit wird das Bild aufrechterhalten, daß sie mit all den Skandalen nichts zu tun hat und nur von böswilligen Beamten hinters Licht geführt wird. Das ist schwerer zu erschüttern als zum Beispiel das Bild von Gramlich.

Aber die PDS trägt doch genau zu dem Bild bei, indem sie die Ost- Ikone Hildebrandt schont!

Ich denke, es sind einfach vom Herangehen unterschiedliche Bedingungen gegeben in der Stadt und im Land. Auch wie man's öffentlich vermitteln kann.

Und Ihr Eindruck ist, daß man auf Landesebene einen Angriff auf Frau Hildebrandt nicht adäquat vermitteln kann?

Na, im Moment jedenfalls nicht. Vielleicht haben auch die PDS- Leute im Landtag noch nicht das Mittel gefunden. Vielleicht sind sie auch untereinander nicht ganz einig, das vermag ich nicht einzuschätzen. Interview: Patrik Schwarz

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